Foto Belinda Helmert: Finale, Piglet Zirkus, Schinna,Sylvestergala, Hoffmanns „Mäusekönig und Nussknacker.“ Ein wesentlicher Teil des Kinder-und Kunstmärchens bildet die über zwei Nächte anhaltende Schlacht zwischen Mäusen und Puppen, die angelehnt ist an die Schlacht von Waterloo.
Wallenstein ante portas
In drei Teilen gestaltete Schiller seinen Wallenstein, die er 1799 vollendete. Der Dreißigjährige Krieg findet nun nicht mehr in Eger ein zwischenzeitliches Ende (die Hauptperson durch ihren Tod betreffend), da die östlichen Grenze sich weiter nach Osten verschoben hat: aus Böhmen ward die Ukraine. Verrat, eines der Schillerschen Leitnpotive, findet auch heute noch statt. In der Regierung und innerhalb der Opposition.
Mit etwas Fantasie trägt sich das Drama im Hier und Jetzt zu. Die folgenden fünf Zitate gleichen nicht zur fünf Akten, sondern verdeutlichen ihre Aktualität und Zeitlosigkeit. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Führungskräfte, die entweder egozentrisch, in jedem Fall verantwortungslos handeln oder aber naiv, ideologisch verbrämt, Gesetzmäßigkeit wie Verhältnismäßigkeit verkennen. Maß halten kann auch Wallenstein nicht, niemand unter Schillers Protagonisten, denn selbst die Rationalisten sind grausam bis zum Exzess. Schwankend wie ein Fähnlein im Wind geraten die seelischen Gleichgewichte aus den Fugen.
Foto Bernd Oei: Kanone, Requisite: nicht nur das Neue Jahr wurde effektvoll mit der zivilen Kanone eingeläutet, sondern auch die Schlacht zwischen Mäusekönig und Nussknacker. Im Hintergrund Bühnenbild im Jugendstil. Neben dem Krieg geht es im Märchen hauptsächlich um Liebe und Erlösung.
Der Krieg ernährt den Krieg
Der Krieg ernährt den Krieg beinhaltet die Maxime Wallensteins, der Pate des modernen Kriegs, auch der Kriegsführung. Nicht die Idee oder gar Ideologie genießt den Vorrang (wie seinerzeit durch seinen Kaiser Ferdinand II, der primär die Sache der Religion und sekundär die seiner alleinigen Machtstellung vertrat), sondern die Sache selbst. Der Profit, der Ertrag, die gesamte Ökonomie. Darin muss das Heer finanziert werden,. dies geschieht auf den Rücken nd zu Lasgten der kleinen Leute, der Zivilisten. Darin muss Rohstoff gesichert werden, Erze und Regionen nach ihrer Ertragsfähigkeit erobert erden. Stäcdte müssen über Plünderung den Sold garantieren. Daher gilt die Logik: ein größeres Heer wirft größeren Ertrag ab.
Wallenstein, vergleichbar mit einem reichen Industriellen von heute, finanzierte den Krieg voraus, er sah ihn als geschäftliche Investition. Er wusste, die Geldanlage durch ausgehobene Söldnerheere, würde sich durch deren Eroberungen rechnen, so lange die Bauern die Zeche zahlten. Erst die Verarmung in den kreigsverwüsteten Regionen spülte ihm die Söldner in die Arme. Zudem erkannte er die Masse Mensch.
Grundsätzlich muss Krieg sich lohnen, die Rüstung, das Handwerk davon profitieren. Wallenstein agiert immer aus der Perspektive des geringsten Verlustes heraus. Weniger gelten dabei Menschen, die sind der billigste und am schnellsten nachwachsende Rohstoff und Kanonenfutter. Viel gelten Informationen, die Oberhoheit über Meinungen: das Heer muss ihm blind folgen und vertrauen; der Ruf ist entscheidend, die beste Wärung für Glaube und Wahrheit, die ihr folgen. Wallenstein ist Pragmatiker und selbst die Sterne (die Kunst der Astrologie und der Astronomie), Symbol für das Schicksal, lässt er nur gelten für Aussagen in der Gegenwart. Nicht Möglichkeiten oder Wünsche geben sie preis, sondern Sendung und Auftrag, also „Kriegswirtschaft“.
Das Zitat stammt aus dem Stück „Die Piccolimini“ (dem zweiten Teil der Trilogie und Kernstück) ersten Akt, erster Aufzug und wird Heerführer Isolani geäußert. „Der Krieg ernährt den Krieg. Gehn Bauern drauf,Ei, so gewinnt der Kaiser mehr Soldaten.“ https://www.projekt-gutenberg.org/schiller/wallens1/wall2101.html
Foto Belinda Helmert: Tisch (Galerie) mit Blick auf die Bühne und den verzauberten Nussknacker, Schlüsselfigur in Hoffmanns Kunstmärchen.
Tat, die immer Böses muss gebären
Das gesamte Zitat lautet im Wortlaut: „Das eben ist der Fluch der bösen Tat, / Daß sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären.“ (Die Piccolomini«,5. Akt, 1. Szene) Octavio spricht es aus zu seinem Sohn. Der Florentiner agiert als Drahtzieher für Wallensteins Ermordung; er wird den Generalissimo, mit dem er lange Seite an Seite kämpfte, um 20 Jahre überleben. Seine Figur personifiziert den kalt planenden Strategen und Erfolgspolitiker im rücksichtslosen Machiavelli-Stil. Sein Preis für Ruhm und Gunst des Kaisers: der eigene Sohn, in die Tochter Wallensteins unsterblich verliebt und seinem General treu ergeben, sucht den Tod, von seinem Loyalitätskonflikt zerrissen. Schiller rückt durchaus von Kants moralischem Idealismus, die Pflicht stehe über allen ab, da sie im Suizid mündet. Er kann nur so verhindern, entweder Verrat an Wallenstein oder am Kaiser zu begehen. http://www.zeno.org/Literatur/M/Schiller,+Friedrich/Dramen/Wallenstein/Die+Piccolomini/5.+Akt/1.+Auftritt
Grundsätzlich gilt, dass der erste Schritt gleich einem Schachspiel unweigerliche Konsequenzen für alle Figuren zeichnet und Handlungen erzwingt, will man seinen Plan verfolgen und das Ziel erreichen. Octavio sieht sein schmutziges, auf Verrat beruhendes, Verhalten aber durch das höhere Gut der Pflichterfüllung gegenüber dem Kaiser gerechtfertigt. Analogien zu heutigen Kriegsverbtrechern und Befürwortern sind evident. Im Sprachgebrauch bezieht man sich mit der Wendung dagegen ausschließlich auf das Ursache-Folge-Verhältnis einer falschen Entscheidung oder unrechtmäßigen Tat und ihren Auswirkungen.
Was den Verrat im Hier und Jetzt anbetrifft, so wurde er zweifach von der Nato durch Ausweitung der Mitgliederstaaten und Stationierung von Raketen in vordem neutralen Gebieten und durch aktive Einmischung innerstaatlicher Regierung (Maidan 2014) seitens der USA begangen. Das Unrecht der sowjetischen Regierung wiegt schwer und stellt zweifellose eine Verletzung des Kriegsrechts dar, kann aber durch ein vorheriges Unrecht (Faktizität). nicht alleinverantwortlich für die Kriegsauslösung gemacht werden. Wallenstein sündigt in Gedanken, der faktische Verrat (ein abgefangener Brief) kommt zeitgleich zustande. Pikant: Friedensverhandlung mit Schweden gilt als Hochverrat – heute gelten Friedensaktivisten gleich Deserteure als Putinversteher und somit als Verräter. Damals wollte Wallenstein, einer erkannten Pattsituation geschuldet den viel zu hohen Blutzoll unterbinden. Heute sagen anerkannte Militärführer, der Krieg sei weder vom Westen noch vom Osten zu gewinnen.
Foto Bernd Helmert: Gewehr, das im irisch-englischen Bürgerkrieg 1969-98 (The Troubles) zum Einsatz kam. Basis bildete die Betzung englischer Truppen Nordirlands und Ansiedlung von portestantischen Siedlern, einhergehnd mit der Spaltung in Irland und Nordirland. Die Gewalt eskalierte am 12. August 1969 in der nordirischen Hauptstadt Belfast, das in Stadtteile nach konfessioneller Zugehörigkeit getrennt war.
Dieser Krieg verschlingt uns alle
Weil das Drama allgemin und Schiller im Besonderen immer den Antagonismus sucht, korrespondiert dem Bild des Ernährens naturgemäß das des Verschlingens. Im dritten Akt, 15. Szene, fällt der signifikante wie apokalyptische Satz. Wallenstein resümiert die aussichtslose Lage: „Ihr werdet dieses Kampfes Ende nimmer / Erblicken! Dieser Krieg verschlingt uns alle. / Östreich will keinen Frieden, darum eben, / Weil ich den Frieden suche, muß ich fallen.„http://www.zeno.org/Literatur/M/Schiller,+Friedrich/Dramen/Wallenstein/Wallensteins+Tod/3.+Akt/15.+Auftritt
Die unverschämten Sätze einer Außenministerin, die an dilettantischen Auftritten nicht spart „Wir müssen den Krieg gewinnen“ oder „Wir können nur mit Waffen Frieden schaffen“ werden durch die aktive Unterstützung des Volkes Stimme noch ins Unglaubliche potenziert. Dass der Krieg nicht nur unseren Mitmenschen (solches sind Ukrainer wie Russen) massiv schadet ist nicht die einzige traurige wie blutige Gewissheit. Dass er nicht zu gewinnen ist und immer die trifft, die nichts dafür können und ihn nicht wollen, erscheint ein noch unwürdigerer Akt. Wünschenwert, dass alle, die sich unbedingt schlagen und töten wollen, ihn selbst ausfechten, anstellle zivile Opfer ebenso billigend in Kauf zu nehmen wie zynische Worte vom Weltfrieden. Leider tragen so genannte Demokraten und Freiheitsbefürworter zu dieser Eskalation bei.
In Wallensteins Historiendrama wird die Liebe dem Hass, der mögliche und vernünftige Frieden der maßlosen Gier nach Ruhm und dem Hass geopfert. So wie Protestanten Katholiken quälten, folterten, so nahm die Liga unter Tillich und Co, Magedburg als exemplarisches Beispiel nennend, Dantes Inferno wörtlich und die marterte, peinigte die Ketzer. Kein Tier ist so grausam wie der Mensch und der Krieg züchtet die Grausamkeit, belohnt Mord mit Geld, Gütern, Gunsterweisung. So wie Wallensteins Mörder vom Verrat profitierten, so reiben sich heute ruchlose Hintermänner des Gemetzels die Hände.
Hat man vergessen, was Waffen anrichten? Dass sie nur nützen, wenn sie Anwendung finden? Hat man wirklich geglaubt, über Drohkulissen die Potentiale des Tötens ohne Gewaltspirale aufbauen zu können? Noch nie haben Waffen geschwiegen, wenn sie einmal auf den Gegner gerichtet waren. Bestenfalls haben sich militärische Auseinandersetzungen verschoben, zeitlich oder geografisch. Mitunter wurden die Gefechte auf andere Orte, fern der Heimat, gelegt und andere, Mittelsmänner oder Staaten, statt der eigenen Ressourcenm geopfert.
Foto: Soldaten an der Stange, Komparsen der Sylvesterauffürhung „Nussknacker und Mäusekönig“ des Piglet Zirkus in Schinna.
Frieden fällt
Das obige Ziitat enthält die Konsequenz der Haltung, die sich dem Krieg widersetzt. Der Frieden gilt seit jeher historisch als Ausnahme und Zwischenzustand, als Gefechtspause. Krieg ist nicht nur Forstetzung der Diplomatie bzw. der Politik mit anderen Mitteln, er ist der eigentliche Zweck des Friedens. Entweder werden Beschlüsse so gefasst, dass sie den nächsten Konflikt programmieren oder aber Verträge gebrochen, weil die Umstände es erlauben, die Situation es einigen Kreisen erforderlich macht. Leider lernt das Volk wenig bis nichts. Es schwört Eide, bindet sich, vertraut den falschen Kräften. Lässt sich blenden von Titeln und Ämtern, folgt in vorauseilendem Gehorsam einer militanten Bürokratie. Zu allem Überfluss kommt das Informationsdefizit. Es spielt auch in Schillers Historiendrama eine bedeutende Rolle.
Wenngleich in „Wilhelm Tell“, der sich des Tyrannen Vogt auch nur über Mord zu entledigen weiß, entstammt das Zitat: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben / Wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.“ (4. Akt., 3. Szene). Es braucht immer einen Sündenbock und einen, der vermeintlich anfängt, womit er einen Grund, eine Legitimation für die eigene Kriegshandlung liefert.
Will man sich aus „Wallensteins Tod“ bedienen, so gibt der 3. Akt, 18. Szene, Kunde: „Nur zwischen Glauben und Vertraun ist Wahrheit“ . Der gesamte Wortlaut
„Denn Krieg ist ewig zwischen List und Argwohn, / Nur zwischen Glauben und Vertraun ist Friede. /Wer das Vertraun vergiftet, o der mordet / Das werdende Geschlecht im Leib der Mutter!“ http://www.zeno.org/Literatur/M/Schiller,+Friedrich/Dramen/Wallenstein/Wallensteins+Tod/3.+Akt/18.+Auftritt
Leider erzeugt jeder durch Gewalt errungene Sieg ein Ressentiment und anstelle den Gegner zu zermürben, wächst eine Generation der Rachsüchtigen heran. So gesehen ist Kriegsmaschinerie geölt mit Blut, sie sorgt selbst für ihren Treibstoff.
Foto Belinda Helmert: Stühle und Tische für das Publikum vor der Aufführung „Nussknacker und Mäusekönig“. Verhandlungen im Ukraine Krieg und im Nahen Osten werden wiederholt vertagt oder abgebrochen, die Lücken im Lager der Diplomaten sind groß.
Friede macht Geld und Geld macht Krieg
„Friede den Hütten, krieg den Palästen“b“ lautete Büchners Antwort im „Hessischen Landbote“ auf diese Zuspitzung des Böhmen Wallensteins, der dies in Die Piccoliminis“ zu Beginn äußert. Es fällt auf, wie viele seiner Getreuen und späteren Verräter aus dem europäischen Ausland swtammen: Schotten, Iren, Italiener. Sie alle lassen sich kaufen und morden den, dem sie Treue schwuren in den Tod. Sie alle haben Kränkung erlitten und übersteigertes Machtbedürfnis. Sie alle verkaufen ihre vermeintliche Idee, auf der Seite der Guten zu stehen. Die Logik ist evident: Im Frieden wird jenes Geld erwirtschaftet, das denn Krieg finanziert. Daher können nur reiche Staaten Kriege dauerhaft führen und vielleicht auch gewinnen.
Die Kleinen henkt man, die Großen lässt man laufen. Geringfügige Kriminelle kommen ins Gefängnis, während Großverbrecher unbehelligt bleiben. Delikte mit weniger Gewaltpotential werden in der Regel härter bestraft als dass Regierungsverbrecher mit drakonischen Maßnahmen rechnen müssten. Das Sprichwort artikuliert die Klage über den weltweit verbreiteten Missstand, dass Oligarchen und Diktatoren über vielfältige Einflussnahmen mehr Möglichkeiten haben, sich einer Strafverfolgung zu entziehen. Es wird immer mit zweierlei Maß gemessen.
Der Schiller wohlbekannte Sebastian Brant greift das Thema in seinem „Narrenschiff“ von 1494, dem meistverkauften Buch vor der Reformation, in einer Moralsatire mit sprichwörtlichen Galgenhumor auf (Kapitel Lärm in der Kirche): „Gerechtigkeit um Geld ist feil,
Ums Geld kam mancher an ein Seil
Käm er mit Geld nicht aus der Haft;
Um Geld bleibt Sünd oft ungestraft.
Ich sag dir deutsch, wie ich das meine;
Man henkt die kleinen Dieb‘ alleine;…“
Foto Belinda Helmert: Scheinwerfer zur Bühnenbeleuchtung im Piglet Zirkus. Eine solche gebündelte Lichtquelle vermag den Fokus zu schärfen, aber auch Über- und Verblendung hervorzurufen. Die Forderung nach noch mehr und weitreichenderen Waffen führt Friedensbemühungen ad absurdum.
Der beste Kaufmann ist der Krieg
Er macht aus Eisen Gold, so heißt es. Einen Mehrwert hat das Gesetz Zerstören, um neu zu bauen für gewisse Kreise immer. Was knapp wird, steigt im Preis. Erst wenn Krieg sich für gewisse Kreise, denn es sind ja nur wenige Profiteure, nicht mehr lohnt, werden Waffen schweigen und Kampfeschrei verstummen. Wallenstein wusste, wie man Töten zu Geld macht und zudem, wie man Kriege ökonomisch führt. Diese Einsicht, dass militärische Manöver eine ;Möglichkeit bieten, sich Reichum nebst Herrschaft zu schaffen oder zu sichern, lehrte bereits der häufig verteufelte Machiavelli.
Dass diese Reduktion des Krieges auf ein Geschäft Realitätspolitik und keinem Zynismus entspringt, sollte allen klar sein, die sich zu Gemüte führen, wieso der mögliche Frieden, beispielsweise im Dreißigjährigen Krieg, selbst dann noch desavouiert wurde, als ihn die ausgebluteten Deutschen zu schließen bereit waren. Die Geister die man rief, Schweden, Franzosen, Spanier, Dänen, um die wichtigsten zu benennen, liesen sich nicht mehr vertreiben und forderten ihren Anteil. Ein geschwächter Puffersaat, an dem sie sich gütlich halten konnte und der die eigenen Märkte nicht bedrohte, war schon damals gefragt.
Um seriös zu bleiben, sei die Quelle verlautbart: Demetrius. Fragment, 1805; uraufgeführt in Weimar am 15. Februar 1857. Erster Aufzug, 4. Szene.
Einen naturgemäß anderen Ansatz verfolgt das Kalenderblatt in seiner Sendung vom 25. Februar 2008. https://www.br.de/mediathek/podcast/das-kalenderblatt/wallensteins-tod-1/49877
Foto Belinda Helmert: Seilbefestigung im Piglet Zirkus. Derzeit hängt die Verhinderung einer Ausdehnung und weiterenb Eskalation des Krieges am seidenden Faden. Seiltänzer bewegen sich naturgemäß am Abgrund. Nietzsche spricht dem Publikum die Rolle der „Fliegen des Marktes“ zu. Die Masse schweigt. Doch sie müsste sowohl aus Eigeninteresse als auch aus Gründen allgemeiner Menschlichkeit und Humanität für den Frieden die Straßen fluten.
Foto Belinda Hemert, Leuchtfeuer. Nachbildung aus dem nördlichsten Leuchtturm der deutschen Ostseeküste auf Cap Arkona. Rügen war lange in dänischer und bis 1828 in schwedischer Hand. Beide skandinativschen Mächte standen im 30 jährigen Krieg tief auf deutschem Gebiet gegen die Katholische Liga.
Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr
„Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr; Fortan muß eignes Feuer uns erleuchten“, so heißt es in „Die Piccolomini, 2. Akt, 2. Auftritt.“ https://www.projekt-gutenberg.org/schiller/wallens1/wall2201.html
Mit den Sonnen sind Vernunft, Gefühl und Würde (ein anderes Wort für Anstand) gemeint. Letztlich glaubt Wallenstein weder an die Freiheit des Willens noch an den Willen zur Freiheit. Glaube und Recht erscheinen ihm vorgeschobene Alibis für die Herrschenden und deren Machtstreben. Mit dem zweiten Satz verweist er darauf, dass jeder sein eigener Maßstab für Moral, jeder sein eigener Leuchtturm auf hoher dunkler See sein müsse, weil es mit dem Folgen und Befolgen von Befehlen nicht ausgehe. Wenn man die Wahrheit nicht mehr sieht, aber erkennt, dass Handlungen wider aller Menschenwürde sind, so muss man sich dem entziehen und darf keinesfalls alten Idealen Folge leisten.
Wallensteins Rolle ist wie sein Charakter umstritten, auch bei Historikern. Schiller setzt ihm kein Denkmal, sondern zeigt ihn wankend und schwankend. Er hat kein schlechtes Gewissen, will selbst im Untergang nur voran und seinen Stern leuchten sehen. Dies äußert sich darin, dass er seine Tochter nicht seinem treusten Feldherrn, dem Sohn des kalkulierenden Strategen und Gegenspielers Piccolomini, zu geben bereit ist, weil er nur einen König an seiner Seite akzeptiert, der die eigene Position festigt. Es äußert sich auch in seinem Vergleich mit Caesar, der den Rubicon überschritt, um die Waffen gegen Rom zu richten. Am Ende bestimmt der Sieger, was Verrat ist und was nicht.
Wallenstein ähnelt heutigen Machtpolitikern, die das Herz der Stimme des Erfolgs opfern und andere skrupellos über ihre Klinge springen lassen. Allerdings holt ihn der Fluch der bösen Taten ein – hier scheidet sich dichterisches Appell un krude Wirklichkeit. Um es mit Schillers Worten aus dem Essay „Geschichte der Unruhen in Frankreich, welche der Regierung Heinrichs IV. vorangingen, bis zum Tode Karls IX“ zu dokumentierten:
Foto Belinda Helmert: Bühnenbild für das Wohnzimmer der Familie Stahlhelm, Ausgangspunkt für die märchenhaften und kriegerischen Ereignisse in „Nussknacker und Mäusekönig“ von E.T.A. Hoffmann. https://www.berndoei.de/manege-frei-fuers-neue-jahr
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