Foto Belinda Helmert: Wiedensahl, Geburtshaus; hier wurde Wilhelm Busch am 15. April 1832 geboren https://www.wilhelm-busch-land.de/ Der vielseitige Künstler zog das Klecksen dem Klotzen vor. Das Detail und die Einfachheit waren ihm lieb und teuer, Attitüde von Schein verhasst.
Geboren, um in die Welt hinauszugehen
Das Geburtshaus von Wilhelm Busch steht an der Dorfstraße von Wiedensahl. Im Jahr 1818 kaufte sein Großvater den Bauernhof samt Ländereien. Heute ist das 400 Jahre alte Haus Gedenkstätte und musealer Erlebnisraum. https://www.wilhelm-busch-land.de/orte/geburtshaus/ Mit 16 Jahren verlies er sein Dorf im Schaumburger Landund tauschte die Fuchs und Hase – Idylle (heute ca. 900 Einwohner) mit der Großstadt Hannover (damals rund 30 000 Einwohner). Für ein Malerstudium wechselte er nach Düsseldorf und kehrte über Antwerpen (Rubens-Phase) krank und mittellos nach Wiedensahl (Bedeutung Weidenteich) zurück. Gegen den väterlichen Willen setzte er sein Kunsstudium in München fort, wo er sich zudem als Opernlibettrist versuchte. Rückschläge bzw. ausbleibender Erfolg vermochten ihn nicht aufzuhalten.
Foto Belinda Helmert: Wiedensahl, Wilhelm Busch Museum, Innenraum mit Exponaten,Trinkglas, verrziert mit Busch`s Initialien.
Karikaturen zu „Max und Moritz“, mit eigenen eingängigen Reim-Texten versehen, entstanden an der Isar in den frühen Sechziger Jahren, inmitten der Biedermeier-Zeit. Es galt als jugendgefährdend und wurde erst spät, gegen Ende zu Busch´Leben, ein Riesenerfolg.
Der noch immer verschuldete Künstler ging in den Siebzigern nach Frankfurt, pendelte aber auch in die Heimat bzw. nach Wolfenbüttel (Lessing-Stadt). Am Main entstanden Karrikaturen und Text zu „Die fromme Helene“, die Busch`s antiklerikale Haltung dokumentieren.
Sein Spätwerk verfasste der Zeichner und Lyriker jeoch in der Heimat, im alten Pfarrhaus, wo er nicht nur mit seiner Schwester und Schwager unter einem Dach wohnte, sondern sich nach dessen Tod auch in die Ersatz-Vater-Rolle einfand. Die letzten Lebensjahre verbrachte er im nicht allzuweit entfernten Mechthausen, wo er 1908 verstarb. So einfach wie möglich wollte er es.
Foto: Belinda Helmert, Wilhelm Busch Gebursthaus, Detail: Weinreben und Fenster, für einen Maler das Tor zur Welt. Es liegt in Wiedensahl nahe Minden, an der Hauptstraße (3,5 km lang), und ist heute das Wilhelm Busch Museum, welches von einem Förderverein und einer Stiftung getragen wird.
Der Schmetterling und der Esel
Busch, Erfinder oder zumindes Pionier des Bilderbuches, mag durch Frauen und Mäzenat erfolgreicher Autor und anerkannter Maler, Grafiker geworden sein, doch geliebt hat er wohl nur eine Frau: seine Jugendliebe Anna Richter. Da sein Vater ihn nach dem abgebrochenen Maschinenbaustudium und der eingeschlagenen Künstlerlaufbahn enterbte, musste sich der älteste der acht Kinder alleine durchschlagen mit so genannter brotloser Kunst. Busch verpackte darin die vereitelte Liebe, die standesgemäß einen älteren Pfarrer heiraten musste. 1862 endete der Traum des Schmetterlings. Wer der alte Esel war, der die zarte Blüte fraß, ist nicht schwer zu erraten. Sein Leiden verpackte der Karikaturist in charakteristisch selbstironischer Weise:
Der Schmetterling
Sie war ein Blümlein hübsch und fein,
hell aufgeblüht im Sonnenschein.
Er war ein junger Schmetterling,
der selig an der Blume hing.
Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm
und nascht und säuselt da herum.
Oft kroch ein Käfer kribbelkrab
am hübschen Blümlein auf und ab.
Ach Gott, wie das dem Schmetterling
so schmerzlich durch die Seele ging.
Doch was am meisten ihn entsetzt,
das Allerschlimmste kam zuletzt
ein alter Esel fraß die ganze
von ihm so heiß geliebte Pflanze.
Zu hören unter https://www.wilhelm-busch-land.de/qr/hoerstation-2-2/
Bekannt ist sein lakonischer Paarreim Das Schönste aber hier auf Erden ist lieben und geliebt zu werden. Was der ewige Junggesselle sonst so über Liebe schrieb, rezitiert Fritz Stavenhagen https://www.deutschelyrik.de/die-liebe.html Außerdem findet sich unter http://www.deutsche-liebeslyrik.de/busch_wilhelm.htm eine Sammlung sämtlicher Herzensergüsse des zunehmend zurückgezogen lebenden Dichters. 1895 parodierte er die Fabel „Der Schmetterling“- verzeihen vermochte Busch, vergessen aber nie.
Foto: Pfarrhaus, Wilhelm Busch Zimmer in Wiendesahl, wo er die meiste Zeit seit 1872-78 zubrachte und an seinen Werken feilte.
Foto Belinda Helmert: Schreibstube mit Südlicht und Blick in den Garten des Pfarrhauses in Wiedensahl. Busch liebte die Natur über alles.
Der Philosoph
Busch trug sich mit dem Gedanken eines Philosophiestudiums. Er las Kant und versuchte dessen spertrigen abstrakten kategorischen Imperativ dem Volk nahe zu bringen: „Was du nicht willst was man dir tu, das füg auch keinen anderen zu.“ Dies ist insofern ein Spagat, da er Emprisimus und eigene Erfahrungen über Glück und Leid zum Ausgangspunkt nimmt, Kant aber die Fähigkeit, sich über die Einbildungskraft andere Wünsche bzw. Folgen des eigenen Handels zu Gemüte zuführen. Befragt, ob er es nach seinem Studium von Darwin und Schopenhauer mit den Realisten oder den Idealisten hielte, gab er zur Antwort, beides sei nötig, um gut durchs Leben zu kommen.
Schopenhauer war bekanntlich Misantrop und Pessimist – Kant eher verhaltener Optimist. Darwin als Naturwissenschaftler stand zwischen beiden, auch was die Einbettung der Biologie in die Systemphilosophie betrifft. Hierzu bekannte Busch sich zu einer Mittelposition, wie überhaupt die Balance ihm das A und O für das Denken und Hinterfragen erschien. Optimist sei er für die Zukunft, denn es kann nur besser werden, Pessimist aber für die Gegenwart, denn das zu sehen, was wirklich ist, davor wolle er nicht die Augen verschließen.
Auf den Punkt gebracht empfand sich Busch als Wahrheitsforscher. Diese glaubte er bis zu seinem Ableben aber immer in der Kunst., der Dichtung, dem zwischen den Zeilen lesen und sehen können, zu finden. „Die Wahrheit ist zu schlau, um gefangen zu werden“ lautet der eine Aphorismus aus „Kritik des Herzens“ (eine Anspielung auf Kants Kritik der Vernunft. Der andere nicht minder doppeldeutig: „Die Wahrheit meint´ ich am ehesten in der Dichtung zu finden.“
Auch das Gedicht „Beruhigt“ balanciert im Kreuzreim zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Entdeckung und Verbergen.
Zwei mal zwei gleich vier ist Wahrheit / Schade, daß sie leicht und leer ist / Denn ich wollte lieber Klarheit / Über das, was voll und schwer ist / Über das was voll und schwer ist./ Emsig sucht ich aufzufinden/ Was im tiefesten Grunde wurzelt, / Lief umher nach allen Winden / Und bin oft dabei gepurzelt / Endlich baut ich eine Hütte / Still nun zwischen ihren Wänden / Sitz ich in der Welten Mitte, / Unbekümmert um die Enden.„
Wahrheit ist unbeständig, gelebte Diskontinuität. Der Rest nur Ideologie. Um ein zweites Geicht zu bemühen, wiederum ein Quartett im Kreuzreim, sei das Jägermotiv erwähnt, das aktueller denn je erscheint, da die informative Presse, sie sich um sachliche Hintergrundsberichte und Aufdeckung, bisweilen auch Enthüllung ungeliebter Wahrheiten kümmern müsste, sich in Finten gefällt:
„Ich nahm die Wahrheit mal aufs Korn.
Und auch die Lügenfinten.
Die Lüge macht sich gut von vorn,
Die Wahrheit mehr von hinten.“
Es gibt folglich nicht ein bestes System, sondern nur eine indivduelle Haltung, sei es in der Moral, sei es im praktischen Leben. Es kommt auf dich an, niemanden sonst. Wahrheit, die Königsdisziplin der Philosophie, erscheint als leiser Schatten, bleiernd bleibend wie der Regen in einer vergessenen Nacht.
Foto Belinda Helmert: Die vielen Gesichter des Wilhelm Busch, Tafel in Busch Geburtshaus, Wiedensahl
Foto Belinda Helmert: Wilhelm Busch Geburtshaus mit Gemälden von ihm. https://www.ardmediathek.de/video/nordschau/wilhelm-busch-maler-zeichner-dichter/ndr/Y3JpZDovL25kci5kZS9iNTU0ZTZkYy04ZmJkLTRkNTAtOWU5ZS0yNGQ4MjhmM2RmN2Q
Geliebte Lebenslügen
Als scharfer Beobachter in der Biedermeier-Zeit entschied sich Busch frühzeitig, humorvoll, meist satirisch, über Karikatur und damit auch Überzeichnung, das Böse ans Tageslicht zu bringen. Dabei spielte die Verlogenheit in ihren Facetten, Doppelmoral, Frömmelei (nicht Frömmigkeit), kurz Lebenslügen aufzudecken, eine tragende Rolle. Heimlich freute sich Busch, im hohen Alter zunehmend unnahbarer (er empfing keine Gäste) über den Schabernack seiner Anti-Helden wie Max und Moritz oder Fips, der Affe. Er spielte mit Darwins Lehren und zeichnete Menschen nach Tierfabeln oder gab Tieren Sprache und menschlichen Gestus bzw. Habitus.
Heute reden die Leute von Frieden und wie teuer er ihnen ist, aber sie fördern den Krieg, Aufrüstung und die Spaltung der Nation. (Mit Waffen Frieden schaffen). Schlecht sind immer nur die anderen und vor der eigenen Haustüre kehrt es sich schlecht. Busch blieb konsequent: als er merkte, dass ihn vermeintlich Gönner/Innen um Tantieme terrogen, kündigte er ihnen die Freundschaft und vermarktete sich selbst. Als er begriff, wieviel Schein in den Tischgesellschaften leuchtete, zog er sich ins kalte klamme Dunkel seiner Wiedensahler Heimat zurück. Flach und überschaubar war das Land, einfach gestrickt die Menschen. Witwe Bolte und Schneider „Mac Mac“ bekamen trotzdem oder gerade deshalb ihr Fett weg, weil sie mehr sein wollten als sie waren und anderen neideten, was sie hatten.
In einem zwei Zeilen Aphorismus gefasst: „Der este muß mitunter lügen / zuweilen tut er´s mit Vergnügen.“ Man sehe sich die Verantwortlichen der Corona-Maßnahmen an, die heute am Tisch der Aufklärer soitzen, mehr noch, den Aufklärungsausschuss leiten und öffentlich beteuern, sie hätten es anders gewollt und sogar getan. Lüge braucht halt dicke Balken. Lebenslügen bedürfen straff gespannter Netze. In „Kritik des Herzens“ (1874) findet Busch die passenden Worte: „wenn Lügen Haare wären, wir wären rauh / wie Bären und hätten keine Glatzen.“ Hier verzichtet der Dichter auf den Reim.
Busch hat zwar für alle Lebenslagen einen meist gereimten Spruch auf Lager, doch bildete Selbstkritik für ihn den einzigen Selbstschutz gegen schleichende Lebenslügen. Dass seine Introspektion mit Humor geschah, ist große Kunst, da er etwas zu sagen hatte von Gewicht und nicht kalauerte. Mit gutem Recht könnte man sich ihn heute als Kabarettisten denken. Beispiel für die Selbstbeweihräucherung vieler philiströser Moralapostel von damals wie von heute:
„Die Selbstkritik hat viel für sich. / Gesetzt den Fall, ich tadle mich: / So hab ich erstens den Gewinn, / Daß ich so hübsch bescheiden bin;
Zum zweiten denken sich die Leut, /Der Mann ist lauter Redlichkeit; / Auch schnapp ich drittens diesen Bissen / Vorweg den andern Kritiküssen;
Und viertens hoff ich außerdem / Auf Widerspruch, der mir genehm. / So kommt es denn zuletzt heraus, / Daß ich ein ganz famoses Haus.“
Foto Belinda Helmert: Eine der zahlreichen Busch-Figuren als Scherenschnitt, die Wiedensahls Straßen zieren. In der Umgebung der beiden Busch-Gedenkstätten konzentriert sich die Gastronomie für (zunehmend ausbleibende) Gäste.
Foto Belinda Helmert: Pfarrhaus Wiedensahl, Zimmer im Pfarrhaus, das er mit Schwester, Schwager und deren drei Söhnen 72-78 dauerhaft bewohnte. Schneider Meck Meck Meck am Kachelofen, in dessen Genuss erst der nachfolgende Mieter des Dichters/Malers/Grafikers kam. Busch Bücherwerk ist ebenso imposant wie die Gemälde und Zeichnungen, Radierungen, die er uns hinterließ. Dabei blieb er ein Zweifler, fand kein Ohr oder Auge für Ideologie.
Außenperspektive
Der kleine Ort, wenngleich extrem in der Länge gedehnt, tut viel für seinen „verlorenen“ und wieder heimkehrenden Sohn. Ein Weltenbunmmler, der Bienenzüchter in Südamerika werden wollte, es aber immerhin zur für einen Maler obligatorischen Studienreise nach Italien brachte (allerdings erst 1886) und der sich Maler Klecksel nannte. Sein Heimatdorf bezeichnete er lautmalerisch ironisierend als „Klimperkleines Plätzchen“. Die Bewohner sind heute teilweise auf seine Devisen angewiesen. Jeden Kneipe, jeden Imbiss ziert eine Figur aus seiner Erfidungsgabe. Die Busch-Gesellschaft richtet Preise aus, sowohl für Maler, Grafiker und Lyriker, die auf regional bedingt großes Interesse stoßen. Daher gibt es einen eigenen Busch-Keller, in dem Ehrungen stattfinden und in seinem Geburtshaus ist unter dem Giebel immer Raum für eine Sonderausstellung, derzeit der Grafikerin und Titanic-Zeichnerin Raddatz.
Der Flyer weist zahlreiche Veranstaltungen aus, eine Komission sucht und forscht nach altem Mobilar und Originalbüchern bzw. Zeitschriften mit Busch-Signatur. So weit so gut. Man zeigt sich, präsentiert sich, dazu gehört auch Merchandising. Kaum ein Alltagsartikel der nicht, mit einer Busch-Zeichnung oder einem entsprechenden Sprüchlein verziert ist, und den man nicht wie Servietten käuflich erwerben könnte.
Die Museumsführung verweist auf die Auswirkungen der Corona-Zeit, um das wertende Wort Lüge zu vermeiden, obschon es sich in die Lebenslügen mancher Vita einreiht. Es kommen selten nur noch Busse mit Touristen und noch seltener Forscher in den“ Klecks.“ Vielleicht, weil es anderswo spektakulärer ist. Vielleicht im Glauben, über Busch alles zu wissen. Oder aber auch in weiser Ahnung, die eigenen Glaubenssätze in Frage stellen zu müssen.
Ein Kirchengänger war Busch nie, doch er glaubte an eine intelligente Schöpfung und besaß die Demut, das nach Menschen Maß gemessen, nicht alles gut und richtig gelingt, mitunter sogar Max und Moritz in jedem von uns wurzeln. Das Bemühen, dem vielseitigen Künstler auch in seinem Tiefsinn gerecht zu werden, ist den beiden Ausstellungsgebäuden nicht abzusprechen.
Foto Belinda Helmert: Kirche St. Nicolai, deren Grundstein aus dem 10. Jahrhundert stammt. Im Hintergrund rechts das Pfarrhaus von Wiedensahl. Gegenüber der ehmalige See (Sahl) mit Weiden (Wieden) , der dem Ort seinen Namen gab.
Foto Belinda Helmert: Busch-Denkmal vor dem Pfarrhaus von Wiedensahl (im Hintergrund links). http://www.wilhelm-busch-seiten.de/museen/denkmal.html
Innenperspektive
Verlogen hieß ein Bekannter das heutige Rühmen von Busch. Etwas kärglich das Interesse, Gemälde oder Möbelstücke aus dem Fundus auszugraben und die Diskussion ins Hier und Heute zu übertragen. Von Doppelmoral, Heuchelei, falscher, weil feiger und verlogener Haltung und philiströsem Bevormunden wusste Busch zu sprechen, mehr noch zu zeichnen. Er warnte auch vor den Folgen der Industrialisierung, immerhin erlebte er nach dem Biedermeier und den Wilhlelminischen Realismus auch den Naturalismus. Als Künstler probierte gerne dies und jenes, zog sich nie auf Altbekanntes zurück.
So gesehen enttäuscht der Umgang mit der Ikone. Sie dient mehr dem Kommerz und als Feigenblatt von Kulturverständnis, kommt mitunter dem Kern des philosophischen Busch, den es bei aller, der Unterhaltungsindustrie geschuldeten Trivialität auch gab, nicht wirklich nahe. Als Beispiel dient das Hervorkehren von Apps anstelle von echten anzufassenden Ausstellungsstücken oder das häufige Zur Schau Stellen von Busch Hutfetisch bzw. seiner Raucherlust. Das alles gehört zu seiner Person, führt aber nicht an seine Gründe und Abgründe des Schreibens heran. Als Maler bedurfte er immer Fenster mit Südausrichtung und viel Licht. Sein Sehnsucht galt aber auch geografisch dem Süden, den Bergen und Tälern, die zum Leben gehören. Da er sie in seiner Mitwelt in Wiedensahl nicht fand (von der Schwester abgesehen), täte kritischer Umgang mit seinem Nachruhm gut.
So liefert „Hans Huckebein“ (1867) eine tragikomische Geschichte über einen unglücklichen Raben, der durch sein ungeschicktes Verhalten Leid über seine Umgebung bringt. Sie ist selbstredend auch ein Stück weit biografische Verarbeitung. Drei Jahre darauf folgt „Der heilige Antonius von Padua“ – eine satirische Geschichte über den Heiligen Antonius und dessen Versuch, die Menschen zu bekehren, wobei menschliche Schwächen aufgedeckt werden.
„Schein und Sein“ lautet der nicht zufällig gewählte Titel von Busch letzten lyrischen Ergüssen, die er bereits fern der Dorfidylle schrieb, die er nie als Idylle empfand. Sowohl bildnerisch als auch rhetorisch arbeitete er vorzugsweise mit Gleichnissen aus der Natur. „Und jedes Haus hatte rückwärts sein Gärtchen und hinter jedem Gärtchen sein Ackerfeld, und durch jedes Fesld fing ein Grasweg, ein breiter, nbach der heckenumgrenzten Wiese, und hinter sämtlichen Wiesen stand der hohe schattige Wald.“ Neben der realistischen Beschreibung erhält die Natur hier eine bedrohliche metaphorische Metapher und dies in direkter Nähe zum homo lupus.
Der Grat ist schmal: einem Menschen zu Lebzeiten gerecht zu werden ist schwer, ihn im Nachhinein Abbitte zu leisten, kann schnell zu einer Peinlichkeit ausarten.
Foto Belinda Helmert: Exponat Geburthaus Busch: Der Künstler, seine Tabakdose und die Leidenschaft zum Rauchen, die ihm zwei Nikotinvergiftungen eintrug. Das Museum illustriert viel Rauch, von den selbstgedrehten Zigaretten bis zu diversen langen und kurzen Pfeifen ist alles zu sehen.
Foto Belinda Helmert: Selbstgebrannte Keramik von Busch zu seiner Satire „Der heilige Antonius von Padua„, dem eine Legende zugrundeliegt. https://de.wikipedia.org/wiki/Antonius_von_Padua Religiöser Hintergrund bildet die Spannung zwischen pietistischen Protestantismus und mystischem Katholizismus. Busch verweist in seinem Werk auf den Unterschied von Glaube und Kirche, Gott und Menschenwerk, Erotik und Sünde – er landete damit auf dem Index des Vatikans. https://de.wikipedia.org/wiki/Der_heilige_Antonius_von_Padua
Busch´ Wahl fiel auf einen ursprünglich portugiesischen Heiligen. Wiedensahl war dank des Schaumburger Fürstens mitbeteiligt am Triumph der verbündeten englischen Königs gegen Frankreich im Siebenjährigen Krieg und an der Entkolonialisierung Portugals von Spanien. Im nahe gelegenen Wald wurde eine Siedlung für portugiesische Söldner, später auch Handwerker und Aussiedler angelegt. Keramikfunde dokumentieren den mediterranen Einschlag. https://www.sn-online.de/lokales/schaumburg/niedernwoehren/vor-250-jahren-in-den-wald-geschickt-IKACOZPHBRCRKP7MCIIMG4VSFY.html
Foto Belinda Helmert: Exponate im Geburtshaus von Wilhelm Busch: seine Feder, deren Ergüsse in dreihundert Sprachen übersetzt wurde, seine Brille, mit der Millionen Menschen die Welt sehen können, wie Busch sie sah und sein Etui, das verschließt, was nicht geöffnet und gebraucht sein will.
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