Ausgetanzt

Foto Belinda Helmert: Bremen, Ostertor, 40. Karnevallsumzug, eigentlich unpoloitisch, aber hier klare Kante gegen Kriegstreiber „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen“, sagt der designierte Kanzler Merz. Die Reaktion: 28 Prozent wählten ihn zum Kanzler. Es wird ein Weiter so geben. Worten, auch wenn sie gedankenlos bleiben, müssen eben Taten folgen.

„Marginalien zu Theorie und Praxis“

„Ball, Theater, Gesellschaft, Kartenspiel, Hasardspiel, Pferde, Weiber, Trinken, Reisen usw. Und doch
reicht dies Alles gegen die Langeweile nicht aus, wo Mangel an geistigen Bedürfnissen die geistigen
Genüsse unmöglich macht.“ Der Satz stammt aus Schopenhauers Aphorismen

Das Ziel richtiger philosophischer Praxis wäre die Abschaffung von Gewalt und Leid. So sagt es Adorno im Abschnitt 5 seiner Schrift „Mariginalien zu Theorie und Praxis“, die einen integrativen Bestandteil der „Stichworte. Kritische Modelle 2 “ bildet. Der gesamte Text ist einzusehen unter http://dokumentation-bildungsdiskurs.pbworks.com/f/adorno+-+marginalien+zu+theorie+und+praxis.pdf

In seinem Spätwerk (1969) vertritt er die These dass Unansprechbare die eigene Unansprechbarkeit auf andere projezieren. Ganz zuletzt sagt Adorno, diese Aussage erhellend: „Der Begriff der Moral erheischt Autonomie, sie wird aber von denen nicht toleriert, die Moral im Munde führen.“ (Abschnitt 14) Die Moralisten von heute sind reaktionäre Immoralisten. Wer anderen Sinnes wird, ist nicht nur ausgestoßen sondern härtesten moralischen Sanktionen ausgesetzt. Also Mitmachen um jeden Preis, dem main stream folgen, dem karnavalesken Treiben. Ablenkung, Vergnügen dient der Repression. Zuckerbrot und Peitsche im digitalen Zeitalter so wie im Kolosseum. Adorno selbst erlebte den Terror von Links der Studentrevolution, der ihn schockierte.

Foto Belinda Helmert: Bremen, 40. Samba-Karnevalumzug, Blaumeier.Alles ausgetanzt? Steigende Kosten und die Bürokratie brachte das ehrenamtliche Organisations-Team dazu, Schluss zu machen https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/letzter-bremer-samba-karneval-100.html

Denken ist ein Tun

Geist setzt zur eigenen Existenz materielle Arbeit voraus. Schon im ersten Abschnitt heißt es „Nichts soll sein, was nicht sich anpacken läßt; nicht der Gedanke.“ In Abwandlung Goethes, der Mephistoles die Worte in den Mund legt, dass alle Theorie grau sei, gilt heute; SIE MUSS GRÜN SEIN. Denn wenn man Habeck Glauben schenkt, haben sie theoretische die Wahl gewonnen, wenngleich sie praktisch verloren gehen musste, der Konjunktiv triumphiert: „Es wäre mehr möglich gewesen.“ Die Gründe für das eigene Scheitern sieht er anderswo; für das schlechte Abschneiden der Grünen zeichnet laut Habeck der Unionsfraktionschef verantwortlich. Insofern hat Adorno, der die Partei der Umweltretter naturgemäß nicht kennen kann, den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn er von Nutzeffekt und Systemimmanenz spricht. Banke Brüste in öffentlichen Vorlesungen zu zeigen ist eben auch Gewalt.

Ideologie war schon am ersten Tag, Betrug darüber, wie wenig grün des Lebens Baum ist„,“ (1). Manchmal überholt die Wirklichkeit die Gegenwart und es zeigt sich aktuell, was in einem anderen Kontext geagt wurde. Kehren die Adenauer-Zeiten wieder? Kann Deutschland nur zerstören, entweder die anderen oder wie augenblicklich sich selbst? Adorno kann nicht mehr befragt werden, man muss den Kern seiner Gedanken aus dem Text extrapolieren. Will heißenvorwärts und rückwärts auf Wahrscheinlichkeiten überprüfen und durch Schätzung von Entwicklung eine Prognose wagen.

Wahlbetrug steht im Raum. Denn die im Ausland lebenden Deutschen konnten wegen einer verspäteten Postzustellung nicht fristgerecht die Briefwahl abschließen. 213 000 Menschen sind von der Schneckenpost und desaströser Vorbereitung betroffen. Eine Abfrage unter den 80 größten deutschen Städten zeigt: In zahlreichen Fällen gab es Nachlässigkeiten, Planungsfehler oder es wurden besonders langsame Versandarten gewählt. Das wäre mit Adornos berüchtiger Flaschenpost wohl nicht passiert. Zur Klarstellung: Im Jahr 1943, als der Philosoph Theodor W. Adorno in Pacific Palisades gerade fieberhaft mit Max Horkheimer an der Dialektik der Aufklärung arbeitete, wollten die Emigranten diese als „Flaschenpost“ an nachfolgende Generationen verstanden wissen.

Foto Belinda Helmert: 40. Bremer Karnevallsumzug, Stelzenfrauen. Seit dem 15. Februar 1986 findet jedes Jahr der Samba-Karneval in Bremen mit wachsender Beteiligung seitens der Kulturgruppen und der Bevölkerung statt. Angefangen hat alles mit etwa 100 Teilnehmenden im Stadtteil Ostertor.

quer zur Wirklichkeit sich verhalten

Habeck, der doch Philosophie studiert hat, müsstees besser wissen, wenn er Alice Weidel vorwirft, sie habe den Begriff Remigration missbraucht und sich zum Gralshüter der Demokratie, von Recht und Ordnung, aufspielt. Adorno gebraucht die Terminologie auch, wenn er von Rückkehr aus dem amerikanischen Exil spricht, das er nicht der Steuerflucht wegen heimgesucht hatte. Damals kehrten eben Europäer zurück, heute verläuft der Flüchtlingsstrom in die umgekehrte Richtung, aus Europa hinaus. Nachzuuhören unter https://www.europa.clio-online.de/quelle/id/q63-59133

Horkheimer sprach Adorno an, mit ihm die Frankfurter Schule zu gründen, weil wer sich quer zur Wirklichkeit verhält aus der Perspektive der Machtlosigkeit am Ende noch Wirkungsmacht und Einfluss erzielen könne. Ein Gedanke, so paradox wie die Post in der Flasche, die ja recyled werden müsste und nicht ins Meer geworfen, wegen Umwelt und na ja. Es gibt ja auch die re-education, die Umerziehung durch Neubildung. Was bleibt von Adornos Kritischer Theorie? Nach Adornos Tod stand der Kritischen Theorie ein trostloses Jahrzehnt bevor.https://www.blaetter.de/ausgabe/2024/august/adornos-flaschenpost-was-bleibt-von-der-kritischen-theorie

Vertreibung, Rückkehr, Wissenschaftswunder: Die Kritische Theorie war wie die Gesamtgesellschaft symbiotisch verbunden mit der Zeit des Nationalsozialismus und dessen Nachleben in der Bundesrepublik. Theorie und Praxis sind polarisierende Kräfte, so Adorno. Verwirklchung erfährt, ein weiteres Paradox, was nicht für die Verwendung gedacht ist. „….analog etwa zu dem, was in der Naturwissenschaft zwischen
Atomtheorie und Kernspaltung sich zutrug; das Gemeinsame, die Rückbeziehung auf mögliche Praxis steckte in der technologisch orientierten Vernunft an sich, nicht im Gedanken an Verwendung
.“

Die Monopolistische Kulturindustrie bedarf und fördert eine auf sie geeichte Wissenschaft. Von daher ist letztere nie neutral, Max Webers Lehre von der Wertfreiheit der Wissenschaft zum Trotz. Drei Essays in Adornos 1969 veröffentlichtem Band „Stichworte“ beschäftigen sich mit den Bereichen, die für uns von besonderem Interesse sind: der Bedeutung nationaler Identität, den Beziehungen Deutschlands und Europas zu den Vereinigten Staaten und dem Charakter einer postfaschistischen Kultur. https://internationalepolitik.de/de/adornos-ignorante-erben

Foto Belinda Helmert, 40. Karnevalumzug in Bremen. https://www.swb.de/ueber-swb/swb-magazin/heimathafen/samba-karneval-bremen

Objektive Maßstäbe, subjektive Empfindungen

Die globalisierungskritische Bewegung kämpft angeblich für eine bessere Welt. Dazu fordert sie mehr Eingriffe des Staates in Wirtschaft und Gesellschaft. Doch die Kritiker stehen in der fatalen ideologischen Tradition des Kollektivismus, in dem Adorno die Wurzel autoritärer Gesellschaften erkennt. Der Antiglobalismus fürchtet sich vor der Freiheit. Vermeintlicher Fortschritt vermag jederzeit in faktischen Rückschritt umzuschlagen. Linksfaschismus (Habermas) ist die notorische Konsequenz.

Einige Diagnosen Adornos sind aktuell zutreffend: das Feindbild eines kulturellen Marxismus wird konstruiert, die Überwindung vom Schuldkult gefordert oder ein politischer Ausnahmezustand beschworen. Und manche Analyseaspekte treten heuteverstärkt auf, wie das „Gespenst der technologischen Arbeitslosigkeit“, ein Konflikt zwischen urbanen und ländlichen Gebieten oder die Strategie des relativierten Tabubruchs, der „durch einen permanenten Konflikt zwischen dem Nicht-sagen-Dürfen und dem, was die Zuhörerschaft zum Sieden bringen soll“ , gekennzeichnet ist. Die Aktualität mancher Passagen ist somit fraglos beeindruckend, etwa sein Veto gegen den puren Aktionismus. Derzeit rollt eine Demo gegen rechts nach der anderen. Nazis raus! doch wo sind sie bloß, die Massen an Rechtsradikalen? Vermutlich ist alles, was nicht links ist rechts und rechts so radikal wie links liberal sein muss.

Die meisten Aktionisten sind humorlos auf eine Weise, die nicht weniger beängstigt als der Mitlacher-Humor anderer.“ (2. Abschnitt)

Praxis ist nicht die von der Erkenntnisebene auf die Handlungsebene verschobenen Theorie. Theorie muß den (nie erfüllbaren) Anspruch erheben, zu sagen, was warum ist, was sie also zu erkennen vermeint; Praxis hingegen muß versuchen, was geht. Das Kriterium der Praxis ist die Wirkung. Theorie hingegen, die auf Wirkung abstellt, ist nichtig. Kritische Theorie ist frei vom Zwang des unmittelbaren Nutzens. Ist sie das nicht, dann ist sie Legitimationsideologie geworden. https://www.krisis.org/2000/zum-verhaeltnis-von-theorie-und-praxis/

Foto Belinda Helmert: Trommlerin auf dem letzten Samba-Karneval in Bremen. Video unter https://www.ardmediathek.de/video/buten-un-binnen-oder-regionalmagazin/letzter-tanz-bremer-samba-karneval-feiert-zum-letzten-mal/radio-bremen/Y3JpZDovL3JhZGlvYnJlbWVuLmRlL3JhZGlvYnJlbWVuLmRlL29wZW5tZWRpYS8zXzMyMTg4Mi9zZWN0aW9uL3VybjphcmQ6ZXBpc29kZTo2MjljYjdlOWNjZDViZGY4

Wer denkt, ist nicht wütend

Adorno ist überzeugt, dass moralisierende Appelle an die Humanität nicht weiterführen. Was er fürchtet ist Panikmache und Aktionismus „Die unbeirrte Weigerung, den rasch eintrocknenden Rubikon zwischen Vernunft und Wahn zu überschreiten.“ (4). Um es mit Stefan Zweigs Plädoyer für Europa ziu formulieren: „Wir brauchen einen anderen Mut.“ Nicht jenen, Feindbilder zu kreieren und Sündenböcke an den Pranger zu stellen. Nicht zu handeln stellt für viele Antifa-Jünger alternativlos Verrat dar. Adorno spricht von Denunziation der Theorie, die nur Gedanke sein will und keine Taten fordert.

Solche Theoriefeindschaft wird zur Schwäche der Praxis. Daß dieser die Theorie sich beugen soll, löst deren Wahrheitsgehalt auf und verurteilt Praxis zum Wahnhaften.“ (4) Zweifellos folgt uns das Pathologische wie ein Schatten, es hat spürbar zugenommen, die Hektik und die Panik, so dass kein Raum mehr für Reflexion und Kontemplation bleibt. Wie sonst wäre der aktuelle Zeigeist erklärbar, das offensichtliche Säbelrasseln und der Hass auf Andersdenkende, ja andere Erfahrungen? Wie könnte der Mangel an Haltung und Miteinander überhört werden im ständigen Getriebe des Hetzens und der Häme.

Das Falsche des heute geübten Primats der Praxis wird deutlich an dem Vorrang von Taktik über alles andere.“ (7) Politische Versprechen sind meist taktischer Natur, nicht selten erstarren sie in palaktiven Schlagworten. Ungeheuer ist der Mensch oder, mit Adorno in „Erziehung nach Ausschwitz“: „Die Forderung, daß Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, daß ich weder glaube, sie begründen zu müssen noch zu sollen. Ich kann nicht verstehen, daß man mit ihr bis heute so wenig sich abgegeben hat. Sie zu begründen hätte etwas Ungeheuerliches angesichts des Ungeheuerlichen, das sich zutrug.“

Foto Belinda Helmert: Drache der Kölner Umzug beim Bremer Samba-Karnvevalsumzug. Eine von 80 Gruppen mit insgesamt 1400 kostümierten Teilnehmern. Bei zweistelligen Temperaturen lockte das Spektakel laut Polizeiangaben rund 30.000 Zuschauer auf die Straße.https://www.weser-kurier.de/bremen/kultur/letzter-bremer-samba-karneval-tausende-feiern-fantasievoll-und-laut-doc7zh8t8pebc2aikum4it

Die Fähigkeit zu leiden

In seinem Essay „Erziehung nach Ausschwitz“ greift Adono zu Beginn auf Freuds einflussreiches Buch „Das Unbehagen in der Kultur zurück; es beleuchtet den Gegensatz zwischen der Kultur und den Triebregungen wie Liebe. Die Kultur sei bestrebt, immer größere soziale Einheiten zu bilden und daher Massen zu bilden; sie untrerbindet Individualität. Derzeit wird jedoch gespalten und jede völkische Einheit diskreditiert. Genozid wurzelt im Nationalismus, letztendlich aber in der fatalen Ideologie, sich für auserwählt zu halten. Neben der nationalen identität existieren zahlreiche andere, religiöse, aber auch ethnische und nun auch politische wie die Rettung der Demokratie vor denen, die ihren Untergang wollen.

Hegel glättet den Widerspruch zwischen allgemeiner Praxis und Gedanken durch Identität. Sein Credo lautet:: “Am schädlichsten ist es, sich vor Irrtümern bewahren zu wollen.” — Dies geht Adorno nicht weit genug. Allgemein ist die Praxis falscher, weil durch das herrschaftliche Prinzip antagonistisch zerrissener Gesellschaft. Dieses Prinzip zeitigt und vergeistigt die Differenz zwischen dem Begriff und dem ihm Unterworfenen. Maßgeblich für die Ordnung der Erscheinungen ist das Allgemeine; die Merkmale, die den Erscheinungen über die des jeweiligen Begriffs hinaus zukommen, sind gleichgültig. Insistieren wir aber auf der Individualität einer Erscheinung, die nach Maßgabe des Allgemeinen nicht zu bestimmen ist, so entsteht ein Riss in der Gesellschaft, ein Abgrund aus Widerspruch und Widerwille.

Wer sich einbildet, er sei, als Produkt dieser Gesellschaft, von der bürgerlichen Kälte frei, hegt Illusionen wie über die Welt so über sich selbst; ohne jene Kälte könnte keiner mehr leben. Die Fähigkeit zur Identifikation mit fremdem Leiden ist, ausnahmslos in allen, gering.“ (12) Hier könnte Adorno geirrt haben, denn derzeit sieht es so aus, als litte der Deutsche Michel noch nicht genug an Rissen und Abgründen, an Zuckerbrot und Peitsche.

Foto Belinda Helmert: Trommelnde Frauen auf dem vorläufig letzten Samba-Karneval in Bremen. Das diesjährige Motto hieß doppeldeutig: Motto „Uns blüht was“. Ausgerechnet im hohen Norden liegt das Epizentrum des Maskenfestivals. https://www.betterplace.org/de/projects/147583-40-bremer-karneval-uns-blueht-was-samba-masken-spektakel

In Terror ausartende Solidarität

Solidarität, Bruderschaft mit der Ukraine oder mit Israel bis in den Untergang. Kollektives Trommeln für den Krieg, für die Mobilmachung, für die militärische Tauglichkeit. Eine Schande und mehr als nur Schade für ein Versprechen nach Ausschwitz, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen dürfe.

Aber das unmittelbare Tun, das allemal ans Zuschlagen gemahnt, ist unvergleichlich viel näher der Unterdrückung als der Gedanke, der Atem schöpft. “ (11). Aktionismus ist regressiv ohne wenn und aber. Nachdenken scheint heute verboten, Balance suchen ein Tabu. Praxis kann nicht auf praktizierte Theorie reduziert werden, dies hieße doktrinärer Dogmatismus. Die Kritische Theorie lehrt zuallererst die Mündigkeit des Bürgers,wozu die Freiheit der Wahl gehört. Gesellschaftlicher Druck hingegen, verkleidet in moralischer Pose, führt direkt in die Barbarei. Die Archaik lebt in uns fort wie Trommeln und Rhyhtmus bei den Sklaven, die über das Meer zu uns „Herrenmenschen“ im fernen Europa hinüberdrangen. Die Massas waren nun einmal weiß und der Samba schwarz.

Was als Wahrheit oder Fakt verkündet wird, erweist sich häufig nur als selbstzufriedene Spekulation. Kritische Gedanken oder gar eine eigene Haltung ruft Mahner der Exekutiven auf den Plan, die Sabotage wittern. Die Gutmenschen wissen, was für alle Menschen gut ist. Auch an der ewigen Rede von den ‚Gutmenschen‘ kann man sehen: Die Appelle an die Menschlichkeit bringen tatsächlich nichts. „Der Begriff der Moral erheischt Autonomie, sie wird aber von denen nicht toleriert, die Moral im Munde führen.“ (13) Quod erat demanonstrandum.

Foto Belinda Helmert: Requisiten beim 40. Samba-Karnevalsumzug in Bremen

Über das Meinen hinauskommen

Adorno war kein Freund der Technokratie, des Fortschrittgedankens, des Hochkapitalismus. Er sah die Freiheit der Lehre zum „Kundendienst“ erniedrigt; der Gedanke soll sich Kontrollen fügen. Erinnert sei an Kafkas kleine Fabel aus dem Jahr 1920: „Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du mußt nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie.“ Vielleicht ist die industrielle Revolution eine Sackgasse und mit ihr der komfortable Wohlstand der Eliten.

Die Maus leidet an einem blinden Fleck. Diesen definiert Adorno in seiner „Ästhetischen Theorie“ als das jeweils Neue, „leer wie das vollkommene Dies da“. Geschichte organisiere sich nicht als Staffetenlaufes, sondern bleibe auf das Entstehen und Aufdecken der jeweiligen blinden Flecke angewiesen. Ergänz durch die Aussage in „Meinung“: „Gibt es wirklich kein richtiges Leben im falschen, so kann es eigentlich auch kein richtiges Bewusstsein darin geben. Nur real, nicht durch ihre intellektuelle Berichtigung allein wäre über die falsche Meinung hinauszukommen.“

Ideologie – die Hölle auf Erden – nimmt in seinem gesamten Werk von der Philosophie über die Soziologie bis hinein in die ästhetische Theorie einen zentralen Platz ein, wobei er ihren Begriff stetig reflektiert und adjustiert. In seinen philosophischen Schriften wendet sich Adorno scharf gegen jede Form des Identitätsdenkens, das ideologisch die unmittelbare Identität von Subjekt und Objekt oder Begriff und Sache behauptet. file:///C:/Users/Administrator/Downloads/9783839472484-018.pdf

Foto Belinda Helmert. Ausgetanzt? War das wirklich der letzte Umzug, das letzte Samba olé in Bremen? Seit 1991 wird derUmzug jährlich unter einem anderen Karneval-Motto ausgerichtet. Der Zug der Masken wuchs an Größe und Pracht auf über hundert 100 Sambagruppen weltweit an.

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