Foto: Bernd Oei, Jordanien, Wüste Wadi Rum
Die Weisheit der Wüste
Ein weiser Mann aus der Wüste sagt(e) sinngemäß:
„Mein Volk kennt drei Generationen. Schlechte und harte Zeiten schaffen immer große starke Männer. Starke Männer erzeugen gute Zeiten und Wohlstand. Wohlstand aber schafft schwache Söhne und schwache Söhne erzeugen Probleme mit schlechten und harten Zeiten. Erst wenn die Zeit hart und schlecht genug ist, werden ihre Enkel wieder stark.“
Verkürzt im englischen Original aus der Psychologie : „Hard times create strong men Strong men create good times Good times create weak men and weak men create hard times.“
Verschlossene Türen
Ich denke an das Torwächter Gleichnis, die berühmte Parabel Kafkas, wo ein Mann darauf wartet, eingelassen zu werden und nicht an einem Wächter vorbeikommt. Die Parabel trägt den Titel „Vor dem Gesetz“ https://homepage.univie.ac.at/st.mueller/kafka.html. Eine längere Version findet sich in „Der Prozess“, Domkapitel 10. Das berühmte Ende lautet, dass der Wärter dem sterbenden Mann , der endlos versucht hat, durch beharrliches Warten an sein Ziel zu gelangen, anschreit: „»Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich bestimmt.“
Egal was man denkt, es geht abwärts. Die einen sehen es nicht, weil sie noch relativ oben auf dem sinkenden Schiff sind wie einst die Passagiere der ersten Klasse auf der Titanic, die noch Cocktails schlürften und der Musik zuhörten, während sich das Riesenschiff langsam zur Seite neigte. Die anderen wollen es nicht sehen, vielleicht, weil sie viel zu verlieren haben. Wir leben in Parallelwelten, die zugleich Blasen sind.
Paranoid
Es ist relativ ruhig in Deutschland. Menschen verarmen, die Preise steigen. Es ist krieg, doch überall hängen Bertha Sutter Zitate oder Friedensfahnen in schöner Abwechlunbg mit Regenbogenfarben oder Blau-Gelb – Flaggen aus den Fensterns. Niemand scheint die Widersprüchlichkeit zur kenntnis zu nehmen. Grüne, die längst nicht mehr grün oder friedlich sind, sondern nur hartnäckig versuchen, bessere Menschen, eben die Guten zu sein und über Andersdenkende naseweiß oder abfällig richten. Politiker, die niemals gearbeitet haben, aber laut Gesetz in de Regierung (dem Parla-Palaverment) sitzen und über unsere Köpfe bestimmten dürfen. Eine Wirtschaft, die sich in einer tiefen Rezension befindet. Eine Wohlstandsgesellschaft, die sich immer weiter verschuldet. Eine fortgesetzte Spaltung ohne fdialog. Menschen, die jeder Spannkraft und Vitalität entbehren.
Deutschland ist alt, müde, verbraucht. Die Menschen Duckmäuser, im Siechtum oder im geistigen Niemandsland. Die Jungen hängen vorwiegend vor dem Computer oder bestellen bei Amazon neue Schuhe. Alles wird weggeworfen und verschwendet. Auch in den Ämtern. Dort Geld, Licht, angeblich kostbare Energie.
Überschuss saturierter Wohlstandsbürger trifft auf normadisierende Menschen am Abgrund. Einige leben vom Müll, den andere wegwerfen, zweifellos nicht immer im klassischen Sinn Abfall. Massen betteln, die Verwahrlosung ist längst die Regel, nicht die Ausnahme. Man regt sich über Falschparker oder Fahrradfahrer ohne Helm auf. Über das Große und Ganze weiß keiner Bescheid oder schaut weg. Die Schüler verdummen, ein anderes Wort lässt sich für das rot schwarz goldene Bildungsland nicht finden. Lehrer übersehen freiwillig oder überarbeitet die einfachsten Fehler.
Gesichtslosigkeit der Zeit
Die Wirtschaft kommt nicht voran, weil die Politik das Elend nur vorantreibt und verwaltet, nicht aber korrigierend eingreift. Freilich, national sinbd die Probleme nicht mehr zu lösen. Kapitalismus existiert weder in der gemäßigten noch in der Form staatlicher Lenkung. Die Globalisierung hat die Fiskal- und Wirtschaftsstraegien längst in die zweite Reihe verbannt. Von Selbständigkeit oder gar Eigenständigkeit sind wir Lichtjahre entfernt.
Es entsteht der Eindruck, dass wir Gefangene sind in einem Spinnennetz, deren Spinne oder Zentrum wir nicht mehr sehen. Es gibt den einen Verursacher nicht mehr. Die Macht ist gesichtslos, die Herrschaft zentrumslos geworden. Die wahre Macht und Herrschaft geht vom Cyperspace, der virtuellen Realität aus. Sie erzeugt künstliche Intelligenz, Logarithmen. Alles ist relativ und damit auch nichts wert. Wahrheiten werden verordnet, nicht mehr gesucht oder überprüft.
Die Suche nach der Verantwortung geht weiter. Corona hat die Defizite aufgezeigt: das Versagen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschlichkeit. Buisseness as usual. The show must go on. In dieser an Banalitäten blühenden Landschaft, die keine Substanz mehr hat, entweder auf Zement gebaut ist oder auf Pulverschnee, je nach Sichtweise, will die Lawine keiner sehen, so wenig wie die Abrissbirne. Beides ist omnipräsent, ist wirklich. Ebenso die Folgeschäden, sozial, kulturell und vor allem im Herzen aller Dinge: im Menschen selbst.
Wir sind entwurzelt und entfremdet. Philosophen quatschen noch, handeln nicht. Kants Kritik forderte: Was kann ich wissen, was kann ich wollen, was muss ich tun? Reformuliert: Wie komme ich vom richtigen Denken in das richtige Handeln und Urteilen? Der mündige Bürger, ein Treppenwitz. Philosophen braucht es heute nicht mehr. Sie sind die Totengräber der Gesellschaft. Nicht allein, aber meine Zunkft trägt Verantwortung an dem Scheitern, an den Kollatoralschaden der Vernunft und des Willens.
Zum Affen zurück
Wir gleichen Robert Musils parabolischen Beginn in der „Die Affensinsel“: „ein hoher Baum ohne Zweige und Rinde. Er ist so kahl wie ein Schädel, den die Sonne und das Wasser blank geschält haben, und gelb wie ein Skelett. Er steht ohne Wurzeln aufrecht und ist tot, und wie ein Mast in den Zement einer ovalen Insel gepflanzt, die so groß ist wie ein kleiner Flussdampfer“.https://docplayer.org/34151789-Die-affeninsel-robert-musil.html
Wir leben auf einer Insel, die heißt der blaue Planet oder Erde. Wir leben in Hierarchien und unter ständiger Gewalt, die sich wiederholt. Wir leben ohne Hoffnung fatalistisch vor dem, was Musil die „unsichtbare Würde“ heißt, wenn er von der Missgestalt des Thronfolgers spricht. Wir könnten uns wehren, tun es aber nicht. Wir sind durch Gräben getrennt und so leben wir vermeintlich glücklich im Paradies, das unsere Ahnen uns ermöglichten, wenigstens einem Teil von uns, aber in ständiger Gefahr, dass man uns dieses Glück wegnehmen könnte.
Meiner Meinung nach hat der Mensch nichts aus dem Faschismus oder dem Kommunismus, gerne auch realer Sozialismus genannt, gelernt. Die Hauptmächte Amerika und China nehmen sich nichts: die einen nennen sich Demokraten und sind die schlimmsten Kriegstreiber und Rassisten, die anderen sind gieriger und brutaler in ihrem Raubtierkapitalismus als die angeblichen Klassenfeinde. Wir haben uns seit der Aufklärung rückwärts entwickelt.
Tödlicher Irrtum
Marx hat sich in einem elementar geirrt: der menschlichen Psyche. Zudem hat er das Internet mit der verschleierten Gewalt (das wahre Opium) nicht kommen sehen. Nietzsche, der ihn komplementär zur Seite steht, hat sich ebenfalls in einem entscheidenden Punkt gerirrt: Gott ist nicht an die Grammatik gebunden. Der Mensch kann sprachlos sein, selbst wenn er spricht. Die Differenz zwischen Glauben und Religion, dem Wahren und dem für Wahr Befundenem (oder Verordnetem) ist wieder zugeschüttet worden. Daher regieren die Blinden, die Fatalisten und vor allem die Fanatiker. Daher wird es nichts mit der Revolution, der Gerechtigkeit, der Freiheit.
Ententanz
Neulich war das Gatter auf und ich konnte sehen, wie die Laufenten aus ihrem Gehege entkamen. Erst die Alphatiere, dann auch die Rangniederen. Am Ende war es nicht nötig, sie einzufangen, denn sie gingen schnurstracks in ihr Gefängnis zurück. Es kam mir sinnbildlich vor für Menschen, die nicht frei sein wollen, die es verlernt haben, für sich zu handeln und sich nicht mit ein wenig Gras und Wasser zufrieden zu geben.
Ein weiser Mann aus der Wüste sagt(e)…
Foto Bernd Oei, Jordanien, Wadi Rum. Inspirationsquelle für Lawrence von Arabien Sieben Säulen der Weisheit.
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