Räume im Inneren des homo faber

Foto Belinda Helmert: Hameln, Weser(schleuse) und Werder. Hintergrund Münsterbrücke und Münster St. Bonivatius

Politische Philosophie ist out

Walter Benjamin stand für eine Generation politisch aktiver Philosophen (Denker im Allgemeinen), die für ihre Gesinnung (Widerstand gegen Diktatur) ihr Leben lassen mussten. Danach erfolgte die Aufklärung bzw. Aufarbeitung des Unbeschreiblichen. Adornos VErdikt, nach Auschwitz könne s keine Poesie mehr geben, fand sich widerlegt. Spätestens mit der Reaktion auf seinen geforderten gesellschaftlichen Umbruch (Kritische Theorie), verbunden mit einer Kirtik an dem Establishmen inklusive der Medien und der nahezu gleichzeitigen Hetzjagd auf Arendt, die durch ihre Prozessberichterstattung von (Adolf) „Eichmann in Jerusalem“ sich den Hass der jüdischen Opfer inklusive Morddrohungen zuzog, verschwanden die Philosophen von den Redenerbühnen hinter ihren imaginären und realen Schreibtischen. Das Experiment Exitentialismus war ebenfalls aus den Hörsälen in den Keller verbannt worden. Quo vadis, philiosophia – Aristoteles´ Leitsatz, der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen, also ein politisches Tier, wirkt bildlich wie die zurückgelassene Gitarre am Ufer nach der Party am nächtlichen Lagerfeuer.

Foto Belinda Helmert: Hameln, Weserufer, Detail.

Arendt im Exil

Hannah Arendt (geb. 1906) war eine überaus scharfsinnige Analytikerin wurde trotz Kettenrauchens nahezu 70 Jahre alt. Sie hat einige Schicksalschläge wie Vertreibung bzw. Verlust der Heimat unter dem Nazi-Terror und wüste Schmähungen ihrer jüdischen Volksgenossen nach dem Eichmann-Prozess überstanden. In ihrer Studienzeit in Marburg wurde sie die Geliebte ihres Doktorvaters, einem gewissen Martin Heideggers, der sie für die Blindheit gegenüber Diktaturen (Heidegger kooperierte mit der NSDAP und verleugnete seinen jüdischen Lehrer Edmund Husserl) früh sensibilisierte.

Durch ihre erste Ehe mit Günther Stern, besser bekannt unter dem Pseudonym Anders, war sie früh vertraut mit politischen Fragen der Verantwortung und des ethisch angemessenen Verhaltens. Die Zerstörung der Humanität durch in Technnokratie umschlagende Technologie, exempflifiziert durch Folgen der Atomforschung (die Anwendung von Atombomben zur Abschreckung bzw. militärischer Vorherrschaft) wurden Leitgedanken seiner Dystopie.

Der Missbbrauch von Macht, ihr Umschlagen in Herrschaft, steht im Mittelpunkt von Arendts Werk, das sich mit totalitären Sturkturen und ihren Voraussetzungen beschäftigt. Dabei blieb Arendt immer sehr konkret, was sie angreifbar machte. Ihr erster Mann wurde ausgerechnet von Theodor Adorno sabotierte seine Habilitation nicht aus inhaltlichen , sondern privaten Gründen: obowohl selbst jüdischer Abstammung misstraute er Stern, da er und Arendt enges Verhältnis zu Heidegger unterhielten, der sich als Kollaborateur Hitlers politisch als braungesichtig erwiesen hatte. Arendt floh nach der Machtergreifung mit ihrem Mann ins Exil nach Paris und beschäftigte sich seitdem nicht mehr mit Fragen zu „Sein und Zeit“, sondern mit den Mechanismen politischer Gewalt.

Ihr zweiter Mann, den sie im Exil und der Stadt der Liebe kennenlernte, hieß Heinrich Blücher, gleichfalls Philosoph und zudem Kommunist, der schon Aktivist beim Spartakusaufstand in München und u. a. mit Ernst Toller („Masse Mensch“) befreundet war. Spätestens jetzt beschäftigte sich Arendt auch mit „linker“ Philosophie, ihr politischer Blickwinkel erweiterte sich. In Paris lernte sie zudem den Onkel ihres Exmannes, Walter Benjamin näher kennen und tauschte sich mit ihm aus. Arendt war folglich mit Adorno, Benjamin, Heidegger und Jaspers (gleichfalls ehem. Schüler) persönlich vertraut. Darüber hinaus entwickelte sie frühzeitig ein eigenes Profil, das sie schärfte und erweiterte. Ihre Perspektive war daher keineswegs auf eine Ideologie fokussiert oder gar eingeschränkt.

Foto Belinda Helmert: Hameln, Fassadenkultur der Fachwerkhäuser in der Kupferschmiedegasse

Foto Belinda Helmert: Hameln, Altstadt, Fachwerkhaus, Inschrift Kupferschmiedgasse. Kupferschmiede, auch Kesselmacher, wohnten hier, angrenzend am jüdischen Viertel.

Eichmann und das Recht, Recht zu haben

Der Aufsatz „Hannah Arendts Begriff der Macht“ von Jürgen Habermas, Mitglied der Frankfurter Schule, stammt von 1976, also 16 Jahre nach dem Eichmann-Prozess, unter dem Eindruck des Attentats auf die Olympischen Spiel in München und der RAF Anschläge. Habermas stellt in seinem Beitrag ihre Glaubwürdigkeit in Bezug auf Herrschaftskritik in den Mittelpunkt und bezieht sich hauptsächlich „The Human Condition“ (1958), Arendts Reaktion auf den Ungarnaufstand unter Nagy 1956, der nicht alle Kommunisten zur Einsicht bewegte, dass es sich um linken Terror handelte. Ein Recht, Recht zu haben, existiert nicht, Wohl aber, das Recht, Rechte zu haben (die Berechtigung auf Rechte). Es lebe der kleine Unterschied (différence, differance).

Lange Zeit arbeitete Arendt, seit Mai 41 in New York lebend, für die zionistische Bewegung. 7 Jahre später erfolgte, gleichfalls im Mai, die Staatsgründung Israel. Ricardo Klement alias Adolf Eichmann wurde am 11. Mai 1960 um 18.30 Uhr in Buenos Aires / Argentinien von drei Agenten der israelischen Geheimpolizei MOSSAD verhaftet. https://www.mdr.de/geschichte/ns-zeit/holocaust/adolf-eichmann-prozess-israel-holocaust-102.html

Seine Veururteilung war in mehreren Punkten rechtswidrig: angefangen von der Entführung des Täter über die Zuständigkeit des Gerichts und der Gesetze, auf die sich selbst ein Verbrecher berufen darf bishin zum ignorierten Auslieferungsantrag der deutschen Behörde, die für einen ordnungsgemäßen Prozess hätten Sorge tragen müssen Das moralische Recht stand unbestritten über dem juristischem. Daher verglich Arendt den Fall Eichmann mit Selbstjustiz.

Als neutrale Beobacheterin versetzte sie auch in die Sichtweise des Angeklagten, also des „Opfers“. Sie zerstörte damit das mythische Bild des sadistischen und zynischen Mörders, den man in einem ranghohen Funktionsträger der NSDAP immer sehen wollte. Zur Zeit des Prozesses April bis Dezember 61 hatte man kaum der flüchtigen Schuldigen des Holocaustes habhaft werden können; sie waren folglich mit ihren Morden davongekommen. Dieser Umstand des Unrechts dürfe aber keine Auswirkungen auf die Fallanalyse Eichmanns haben, eines „Schreibtischtäters“, der die „Banalität des Bösen“ personifiziere.

Arendt, die den Fall Eichmann und seine Alltäglichkeit trotz der monströsen Ausmaße in ihrem Buch „Über das Böse“ 1965 verarbeitete, beginnt mit Gorgias, einem Streitgespräch Platons um das Gute. Sokrates sagt darin u.a. dass es besser (im Sinne von gerechter) sei, Unrecht zu erleiden als es selbst zu verüben. Angesichts dessen, dass die Welt nur durch Handeln verändert werden könne, gehe es aber keineswegs um die Frage, welches das schlimmere Übel sei oder ob eine Unrechtigkeit die andere unter gewissen Umständen legitimiere, sondern einzig darum, solche Taten im Keime zu ersticken und damit nicht vokommen zu lassen. Im Wortlaut:

Der gesamte Text ist einzusehen als pdf Datei: https://pdf.live/edit?url=https%3A%2F%2Fwww.stadtakademie-muenchen.de%2Fwp-content%2Fuploads%2F2020%2F08%2FArendt-Bo%25CC%2588se-Sokrateskurz.pdf&source=f&installDate=031223

Der Titel im Original lautet Some Questions of Moral Philosophy. Der Unterschied zur deutschen Übersetzung erscheint bewusst provokant. Er widerspiegelt Arendts eigene schmerzhafte Kehrtwende, von dem verhassten, doch selbst gebildeten Täterprofil Abstand zu nehmen und hinter dem vermeintlich absoluten, „radikal Bösen“ das „banal Böse“, das einer gewissen Zufälligkeit geschuldet ist, zu erkennen.

Foto Belinda Helmert: Hameln, Fachwerkhaus Kupferschmiedegasse 13. Im Bürgerhaus sitzt auch der lokale Radiosender. https://www.architektur-bildarchiv.de/image/Fachwerkhaus-Kupferschmiedestra%C3%9Fe-13-Hameln-50324.html9Fe-13-Hameln-50324.html

Foto Belinda Helmert: Fachwerkhaus, Kupferschmiedegasse 11, bis 1933 von einer jüdischen Familie gewohnt. http://www.juedische-geschichte-hameln.de/stadtrundgang/standort2+3.html

Das Böse als abgetrennte Erinnerung

Gerade die Vorlesung und damit der Essay „Über das Böse“ (vierteilige Vorlesung) pointiert mit ungewöhnlich klaren Worten, wie es zu den Grausamkeiten im Handeln nicht aus Böswilligkeit an sich, sondern Gedankenlosigkeit für sich kommt. Eine entscheidende Rolle spielt die Erinnerung, darüber hinaus die Fähigkeit, sich seiner Handlungen bewusst zu werden und damit ein „Jemand“ zu sein, anstelle sich als Unperson, als ein „Niemand“ zu verleugnen:

Es kommt dem menschlichen Willen darauf an, arbiträr zwischen Vernunft und Begehren nach Gerechtigkeit zu vermitteln, um mit Kant zu sprechen, die Angemessenheit und die Vereinbarkeit mit dem kategorischen Imperativ, auszulosten. Demzufolge kannten die Griechen nur die Sühne, wohingegen mit dem christlichen Denken die Idee der Barmherzigkeit auch für Mörder gilt. Ich kann nicht alles tun, nur weil ich es darf und invers: es kann nicht im Sinn einer besseren humaneren Welt sein, alles zu tun zu dürfen, nur weil wir es können: Eichmann zu töten war Unrecht in ihren Augen, weil es den Gemein(schafts)sinn desavouiert. Summa summarum existiert kein Recht, auf das eigene Recht stur zu beharren. Um ganzheitlich Person zu sein, muss man dialogfähig bleiben und menschliche Regungen selbst gegenüber dem vermeintlichen Bösen bewahren, um nicht selbst Unmensch zu werden.

Adolf Eichmann berief sich nicht nur auf seine Pflicht zum Gehorsam und auf die geltenden Nürnberger Gesetze. Er wähnte sich frei von aller Schuld. Obwohl er die Deportationen in die Konzentrationslager organisierte, hielt er sich definitiv für nicht verantwortlich für die Tötung. „Ich hatte mit der Tötung von Juden nichts zu tun.ich war heilfroh gewesen in den ganzen Jahren, dass ich mit der Vernichtung nichts zu tun gehabt habe.“ Seitenweise dokumentiert das Protokoll Sätze mangelnder Einsicht in die eigene Verantwortung, den Handlungsspielraum oder die ideologische Tragweite der Anordnungen. Es sei an dieser Stelle betont, weil es sich laut Arendt bei Eichmann um keinen schockierender Einzelfall handelte, sondern die Regel, die wiederum nicht an den NS Apparat gebunden ist. Zitat: „Es gab – wenn sie auch nicht alle so nah an den Hebeln der Macht saßen – viele Eichmanns: gewissenhafte Werkzeuge der Gewissenlosigkeit.“

Foto Belinda Helmert: Hameln Kupfeschmiedestraße, Inschrift und Psalme. Hannah Arendt unterscheidet den bloß arbeitenden, gesellschaftlich entrechteten und politisch unmündigen homo laborans vom über seine Exsitenzsicherung hinausgehenden, die Existenzherstellung betreibenden, aktiven und mündigen homo faber

Foto Belinda Helmert: Hameln,Gastronomie Ecke Kupferschmiedestraße/Wendenstraße. Hier wird das Bier aus der ältesten Brauerei, Weihenstephan, ehm. Benediktinerkloster bei Freising, ausgeschenkt. Laut Adorno machte ein Jahrhundert der „kapitalistischen Zurichtung“ den Menschen zum homo laborans.

Ökonomisierung des Denkens

Hannah Arendt und Theodor W. Adorno werden kaum gemeinsam rezipiert. Meistens bezieht man sich auf Arendts politisches Denken oder auf Adornos kritische Sozialphilosophie.https://www.ifs.uni-frankfurt.de/newsleser/handeln-und-kritik-politik-und-gesellschaftstheorie-nach-arendt-und-adorno.html

Beide haben sich erwiesenermaßen zeitlebens gegenseitig weder rezipiert noch geschätzt. Trotz Kritik am Faschismus (Fallbeispiel systemisch totalitärer Herrschaft), der mangelnden Aufklärung (Kritik an der Moderne) bzw. Verdrängung deutscher Geschichte und Kritik am Kapitalismus. Trotz Wertschätzung von Kierkegaard und Nietzsche. Beider Denken reagiert auf eine spezifisch moderne Erfahrung und ihre Werke stellen Auseinandersetzungen mit der modernen Gesellschaft und ihrem Demokratieverständnis dar.

Aufklärung ist totalitär„, schreibt Adorno, da er diese als Gegen-Mythos und nicht als dessen Nivellierung aufgreift („Dialektik der Aufklärung, Vorwort). Homo faber zeichne sich durch seine List der Vernunft aus (Herrschaftsgestus). In seiner Art handle es sich um einen narzisstischen Odysseus, der im geeigneten Moment ein Niemand vorgibtm „ein Niemand“ zu sein (Scheinfreiheit). um die Kraft der Natur (im Mythos den Zyklopen) zu täuschen. Odysseus Erben zeichnen sich primär durch ihre Werkzeuglichkeit, ihre Fungibiligtät (Austauschbarkeit) aus. Homo faber erzeugt eine Schein-Aufklärung.

Technik ist ein ästhetisches Problem im Funktionalismus. Er erzeugt keineswegs den Fortschritt (eher den der Katastrophe), sondern birgt das Risiko eines Rückfalls in Barbarei. Dabei schläft die vermeintliche Rationalität, der Triumph der Bourgeoisie, der Kapitalismus, ins Irrationale um, die Herrschaft der Tyrannei, die Büchse der Pandora:

Damit ist der Umschlag von Naturbeherrschung in die Unterwerfung unter von Menschen selbst geschaffene Zwänge gemeint, welche sich aber ihnen gegenüber verselbständigen. Odysseus, der Held des Epos, wird als Inbegriff des bürgerlichen Individuums, das sich gegen die mythischen Mächte behauptet,  zugleich auch als Opfer für die Abschaffung des Opfers gedeutet. Seine Abenteuer werden als Versuchungen des sich herausbildenden Selbst durch die mythischen Seinsweisen interpretiert. Ihre Verbundenheit erscheint als „Fluchtbahn des Subjekts vor den mythischen Mächten“. Er repräsentiert daher in seinem Erfolgsstreben Identitätsverlust und Naturentfremdung. Besonders deutlich wird dies im Kapitel mit dem Zyklopen (die barbarische Natur) durch den Umstand, daß er seinen Namen mit „Niemand“ verleugnet, um seine Haut zu retten.

Fugibilität und Verdummung des homo faber

Dass Adorno und Arendt sich in tiefer Abneigung gegenüberstanden, ist kein Mythos. https://link.springer.com/article/10.1007/s41358-020-00248-x

Dies muss inhaltlich überraschen, da beide vom richtigen Leben, der eigentlichen Existenz-Sinngebung durchaus konvergente Vorstellungen pflegen., Vergleicht man „Vita activa“, vom tätigen Leben mit „Minima moralia“, dem Appell zu inkommensurablen Werten, welche in einer Konsumgesellschaft sträfliche Missachtung erfahren, finden sich Gemeinsamkeiten. Bereits der Eingang der zur Dialkektik der Aufklärung kontemplären Schrift mit dem Untertitel „Reflexionen aus dem beschädigten Leben“ sucht wie Arendt mit „vita“ im Titel die Nähe zu (Nietsches) Lebensphilosophie.

Foto Belinda Helmert: Hameln, Das tanzende Brautpaar von Rudolf Breilmann (1984) vor dem Hochzeitshaus

Fehlende Reflexion

Den roten Faden der „Mimima monalia“ mit ihren Aphorismen bildet die mangelnde Selbstreflexkion, analog Arendts Nicht-Denken. Adorno macht drei Kardinalfehler für die Entstehung von taotalitären Sturkturen geltend. Erstens fehlende Humanität als Grundlage, insbesondere der im industriellen Stile durchgeführten Massenvernichtung. Die psychologische Ursache des Problems macht er in der Dummheit kleiner Leute aus, die eine Philosophie Hegels fahrlässig unterschätzten: „Die Dummheit Hitlers war eine List der Vernunft“.(Aphorismus 69)

Dieser durch Desinformation staatlich geförderte „Verdummungsprozeß“ (79, 80) mündete (zweiter Grund für den Weg in die Katastrophe) im Warenfetischismus, in der „Kastration der Wahrnehmung“ durch einseitige Fixierung auf die Geltung in der Gesellschaft. Adornos Verweis auf Vergegenständlichung der Wünsche basiert auf Nietzsches Zivilisationskritik durch Sublimation der Triebe. Die Folge ist „Kulturimperialismus“ .

Die dritte Komponente, welche in die Barbarei führt, ist die Ökonomisierung des Denkens, die den „Wirtschaftsimperialismus“ inkludiert. Die „Fungibilität aller Leistungen“ (83) scheidet das Inkommensurable aus. Der Krieg dient als Unternehmen und wird von Unternehmern geführt. Feindbilder und deren Ausgrenzung bishin zur Liquidiierung sind nützliche Strategien zur Einschwörung auf ein gemeinsames Ziel, so irrational es auch sein mag. Das angestrebte Ziel ist die Entmündigung des Denkens, der Individualität, des subjektiven Handlungsspielraums. Vergesslichkeit wird systematisch gefordert/gefördert.

Der Schreibtischtäter stellt eine dieser Entartungen von erkrankter Intelligenz dar, da er ohne subjektive Verantwortung funktioniert: „Das Denken selbst ist unwissenschaftlich geworden und wird dem Erfolg untergeordnet, welcher die Erkenntnis sabotiert“ (80).

Ein Beispiel für die andauernden, bislang fruchtlos verlaufenen Diskussionen mit dem Aufhänger, ob sich Arendt in die Frankfurter Schule einschulen liese (über die Brücke Benjamin) , liefert der Artikel von 2010 i. A. des Leipziger Institut für jüdische Geschichte und Kultur. https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-121627. Nichtsdetsoweniger fallen die Schlüsselreize Adornos mit denen Arendts nahezu zusammen. Ein Beispiel liefert der auf seinen Leitsatz „Es gibt kein wahres Leben im falschen“ hianuslaufende und von einem Rilke-Zitat „Du musst dein Leben leben“, dem Schlussvers aus Archaïscher Torso Apollos, https://www.deutschelyrik.de/archaischer-torso-apolls.599.html ausgehende Aphorismus 93, der sowohl dem Zwang der Kollektivierung als auch dem Zwang der Isolierung handelt.

Auch Arendt zitiert Rilke oft, wenn es um ihr Verdikt geht, Dichter müssten die Wahrheit suchen „Von den Dichtern erwarten wir Wahrheit“, was mehr als subjektive Empfindungslyrik zur Konsequenz hat. Dichterisch denken heißt bei ihr, gegen den mainstream schreiben und inkommensurabel bleiben. Beide, erkannten in der Sprache die Möglichkeit, sich dem Ductus der Herrschaft zu entziehen (die Nazi-Sprache gewann Deutungshoheit durch ihre Vergewaltigung der deutschen Sprache). Arendt betont in „Vita activa“, betont, dass Dichtung „gewissermaßen die menschlichste und unweltlichste der Künste ist“. rilke beschreibt die Räume im Inneren des Menschen. Darauf kam es auch Adorno an. Es gibt also Schnittstellen im Denken Arendts und Adornos.

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