Der grüne Mantel der Hoffnung, ein verräterischer Freund

Foto Bernd Oei: Metz, Jardin d´ Amour, einer der zahlreichen Parks in der Geburtsstadt von Verlaine. An Rimbaud schreibt er: „Absinth ist wie ein verräterischer Freund, der unter dem grünen Mantel der Hoffnung versucht, einem die Augen auszukratzen und den Leib zu durchbohren.“

Geigen zwingen mein Herz

Als Paul Verlaine am 30. März 1844 in der rue Haute-Pierre im Haus Nummer 2 geboren wurde (https://www.mosl.fr/de/fiche-sit/museen/f838164160_geburtshaus-von-paul-verlaine-metz-de) fand die erste von fünf aufeinanderfolgenden Industrieausstellungen in Paris statt. Seine Geburt am Vorabend der Februarrevolution fiel ins Jahr eines gewissen Friedrich Nietzsche. Er wurde zu einem führenden Symbolisten der Dekadenzpoesie, dessen „Herbstlied“ jeder gebildete Franzose kennt. Als er 1870 seine Geburtsstadt verlies, endete auch sein bürgerliches Leben.

Im selben Haus lange zu leben oder gar zu sterben, in dem er geboren wurde, hielt er für eine monströse Vorstellung: „Naître, vivre et mourir (le plus tard possible) dans la même maison !  schrieb Verlaine, der nur 51 Jahre alt wurde. (http://www.amis-verlaine.net/la-maison-de-verlaine/presentation/) Der französische Dichter Paul Verlaine (1844–1896) tritt dem Betrachter als merkwürdig zerrissene und vielschichtige Persönlichkeit entgegen: als feinsinniger Poet und alkoholsüchtiger Gewaltmensch, als Anhänger der Pariser Commune und zeitweise glühender Katholik, als Bürger und Vagabund, Ehemann und Homosexueller, Melancholiker und Sarkast. (https://www.deutschlandfunk.de/eine-lange-nacht-ueber-den-franzoesischen-lyriker-paul-100.html)

Foto Bernd Oei, Metz, Mosel mit Moselkanal, der Kleinen Weide-Insel und im Hintergrund die ältesten Brücken der Stadt: die mittelalterliche und die Toten-brücke. In der Mitte die ev. Stadtkirche, deren Bau Verlaine noch erlebte, nicht aber ihre Fertigstellung. Rechts „La Voie Sacrée“, die heilige Straße. So nennen die Franzosen seit dem Ersten Weltkrieg die Straße nach Bar-le-Duc, über die damals die lebenswichtigen Transporte in das belagerte Verdun rollten.

In der Übersetzung von Graf von Kalckreuth liest sich Das Herbstlied von 1866 wie folgt:

Den Herbst durchzieht
Das Sehnsuchtslied
Der Geigen
Und zwingt mein Herz
In bangem Schmerz
Zu schweigen.
Bleich und voll Leid,
Dass die letzte Zeit
Erscheine,
Gedenk‘ ich zurück
An fernes Glück,
Und ich weine.
Und so muss ich gehen
Im Herbsteswehn
Und Wetter,
Bald hier, bald dort,
Verweht und verdorrt
Wie die Blätter.

Eine (meiner Meinung nach) bessere Übersetzung von Chanson d´ automne in Anlehnung an das gleichnamige Gdicht Baudelaires liefert der vorgetragene Text. Zu Verlaines Bewunderern gehörte Georg Trakl, den man aufgrund seiner Lebensweise gerne als sein „deutsches“ Pendant bezeichnet.

Zum Vergleich für alle, die des Französischen mächtig sind, auch unentbehrlich, das Original:

Les sanglots longs
Des violons
De l’automne
Blessent mon coeur
D’une langueur
Monotone.

Tout suffocant
Et blême, quand
Sonne l’heure,
Je me souviens
Des jours anciens
Et je pleure;

Et je m’en vais
Au vent mauvais
Qui m’emporte
Deçà, delà,
Pareil à la
Feuille morte.

Der Schmutz der Nacht

Meist stand er im Schatten seiner Skandale, der Bi- bzw. Homosexualität, den Mordversuchen an seinem Liebhaber Rimbaud und seiner Mutter, den Gewaltattacken gegen seine Frau Mathilde, die Exzesse mit Absinth, die grüne Fee, die ihn so rasch altern lies.

Er war sich nicht zu schade dafür, sich zum sozialen Elend hinabzutrinken, über das er gerne schrieb. Bei aller Ambiguität, die nahezu jeden über die Mittelmäßigkeit herausragendne Dichter und Denker auszeichnet, so hatte er ein rotes, ein kommunistisches Herz und war begeisterter Anhänger der Commune. 1871 im Zuge des Grauens verstand er, was Krieg und Despotie bedeuteten, weil er diese barbarische Zeit hautnah miterlebte.

Foto Bernd Oei: Metz, Temple Neuf (evangelische Stadtkirche) auf der Südwest-Spitze der „Île du Petit-Saulcy“, der „Kleinen Weideninsel“, von der Mosel liebefoll umarmt. Zu Verlaines Zeit bekannte sich ein Fünftel der Einwohner zum Protestantismus. (https://de.wikipedia.org/wiki/Temple_Neuf_(Metz))

Ein zweites Gedicht, ausgewählt aus einer Sammlung, übersetzt von Kalkreuth und im Gutenberg-Portal einsichtig, sei angefügt als Beleg, dass Verlaine sich bereits in der Tradition Baudelaires mit dem Straßenmpflaster und den Arbeitern, dem Dreck und dem realen Elend dichterisch auseinandersetzte:

Der Schenken Lärm, der Schmutz der nächt’gen Stadt,
Welk sinkt von den Platanen Blatt um Blatt,
Ein alter Omnibus auf schlechten Federn
Quietscht schief und schwankend zwischen seinen Rädern
Mit grün‘ und roten Augen, die sich dreh’n,
Arbeiter, die zur Kneipe rauchend gehn,
Dem Schutzmann qualmend ins Gesicht den Knaster,
Die Dächer nass, Asphalt und glitschig Pflaster
Und Gossen, die der Regen schwellen liess,
Das ist mein Weg – mein Ziel das Paradies.

Foto Bernd Oei, Metz, Bar le Duc mit Aussicht und einem Steg, auf dem noch näher am Wasser flaniert werden kann. Die Geburtsstadt Verlaines liegt am Ufer der Mosel im Nordosten Frankreichs und ist Hauptstadt des französischen Départements Moselle. Bis 2016 war die Mirabellenstadt außerdem Hauptort der früheren Region Lothringen, bis diese in der Region Grand Est aufging. Heute zählt Metz ca. 120 000 Einwohner, vergleichbar Trier und Koblenz.

Wasser der Reue

Im Gefängnis (1873/75) wurde er mit Hilfe des Gefängnispfarrers fromm und schrieb religiöse Gedichte, nach seiner Entlassung versuchte er sich als Bauer. Die Askese war so wenig etwas für ihn wie die Sesshaftigkeit oder eine feste Anstellung, die reine Natur oder die heilige Familie. Er gehörte zu den Klang-Viurtuosen, Vorbild für Mallarmé und George, teilweise auch Rilke. Ein Beispiel zur Illustration bietet das viertsrophige Le rossignol, zu deutsch Die Nachtigall.

Vorgetragen von Fritz Stavenhagen: https://www.deutschelyrik.de/die-nachtigall-1714.html

Foto Bernd Oei, Metz, Moselbrücke Pont Moyen über den rechten Moselarm; über die linke Seite führt Pont des Morts. Sie wurden von dem Krankenhaus Saint-Nicolas finanziert, das jeweils das beste Kleidungsstück eines Verstorbenen aus Metz vekaufte und waren lange Zeit befestigt, um den Zugang der Stadt vom Fluss aus zu zu blockieren. Sie ist eine von fünf Brücken der Stadt über La Mosèlle aus dem 13. Jahrhundert; so viele hat sonst nur Paris zu bieten.

Dass die Nachtigall ein Symbol des Todes ist, bedarf im Grunde keiner Erwähnung. Den meisten Franzosen sind die Fabeln Jean de la Fontaines so vertraut wie uns Deutschen die Märchen der Gebrüder Grimm. Die achtzehnte Fabel lautet Le Milan et le Rossignol; sie geht auf Äsop zurück und kann als das Vorrecht des Stärkeren oder als Gleichnis auf den natürlichen Tod rezipiert werden. Raubvogel und Beutevogel in unausgesprochener Moral. Um ihr Leben zu retten, bietet die Nachtigall dem Milan einen Gesang und eine Geschichte an, die dieser verschmäht: „Bei mir, dem Milan, ist dein Sang verloren. Hungriger Bauch hat keine Ohren.“

http://www.zeno.org/Literatur/M/La+Fontaine,+Jean+de/Versfabeln/Fabeln/Der+Milan+und+die+Nachtigall

Zurück zu „Nachtigall“ von Verlaine (meinem persönlichen Favoriten aus den Saturnalien): es endet mit dem bebenden Baum und dem weinend sterbenden Vogel´. Dazwischen steht der Sündenfall.

Um diesem Gedicht Rossignol gerecht zu werden, muss auf die Erle, gleichfalls ein Symbol des Todes (Goethes Erlenkönig) verwiesen werden. Oder darauf, dass sie in zahlreichen seiner Gedichte widerkehrt, u. a. in En sourdine („Leise“), einem fünfstrophigen Quartett, das mit folgenden Versen schließt:

Et quand, solennel, le soir
Des chênes noirs tombera,
Voix de notre désespoir,
Le rossignol chantera

Wenn von schwarzer Eichen Rund / ernst der Abend sinkt hernieder, / wird unsre Verzweiflung kund / in der Nachtigallen Lieder

Wie man sieht, werden in der deutschen Übersetzung die erste und die zweite Zeile getauscht, um den Reim zu erhalten. Der Übersetzer nennt das Gedicht „Gedämpfter Ton“. Die Wiederkehr von Bäumen und dem Motiv der Erinnerung, der Sehnsucht und dem Tod sind quasi verlainische Veranlagung.

https://lyricstranslate.com

Foto Bernd Oei: Metz, Kathedrale Saint Etienne, einer der höchsten Kathedralen Frankreichs (42 m unter dem Gewölbe). Die Kirchenfenstersammlung (13. – 21. Jahrhundert) ist die größte Europas (6.500 m²). Die Kirchenfenster tragen die Handschrift von Künstlern wie u. a. Marc Chagall. (https://www.tourisme-metz.com/de/einzelheiten/838150669-cathedrale-saint-etienne).

Nur die Stimme der Nachtigall

Verlaines Nachtigall (1865) bringt die Elemente Wasser, Erde und Luft zusammen. Das Gedicht „Nachtigall“ lautet wie folgt: http://www.luxautumnalis.de/paul-verlaine-le-rossignol/ – deutsche und französische Version stehen hier nebeneinander. Es gehört zum Zyklus der Traurigen Landschaften (abermals eine Verbeugung vor Baudelaire): Rossignol lautet das siebte und abschließende daraus. Insgsamt bilden 37 Gedichte die „Poèmes saturniens“. Verwiesen sei hier nur auf die melodische Poesie, die durch den Vogelgesang zusätzlich intoniert wird. Die Nachtigall erinnert an die tragisch griechische Heroin Philomèle, die ihre Leidensgeschichte in ein Kleid einzuweben verstand und so eine Spur legte für ihre Schwester; am Ende sah sie sich in eine Schwalbe (in anderen Versionen auch eine Nachtigall) verwandelt. https://de.wikipedia.org/wiki/Philomela

Der Mythos wird in zahlreicher Literatur verwendet, darunter „Wer die Nachtigall stört“ (To Kill a Mockingbird von Harper Lee, 1961). Das Gedicht bezieht sich auf eine frühe Liebe des Dichters namens Elisa Moncomble, die 31 jährig verschied und zum Zeitpunkt des Gedichts bereits todkrank war. (http://verlaineexplique.free.fr/poemesat/rossignol.html). Erwähnenswert ist auch die Verwendung der Farbe violett, die ähnlich wie Purpur bei Trakl für Trauer und Sündenfall steht. „Au tain violet de l’eau des Regrets“ (erste Strophe fünfte Zeile). Auch hier muss man das Original kennen, da es in der Übersetzung nicht auftaucht:

Die sich spiegeln, wo das Wasser der Reue
Schwermütig gleitet in tiefer Bläue

Das gilt auch für die nicht übertragene Anaper Plus rien que la voix nichts mehr als die Stimme. Im Original lauten die Schlusszeilen der dritten Strophe:

Plus rien que la voix célébrant l’Absente,
Plus rien que la voix, —ô si languissante!—

Deutsch klingt es nur schwach wiederholt und am Abeginn der dritten Strophe wieder:

Nur die Stimme, die sie, die fern ist, in Tränen
Verherrlicht, tönt, nur die Stimme voll Sehnen

https://www.deutschelyrik.de/die-nachtigall-1714.html

Foto Bernd Oei: Moselbrücke Pont de Morts, 13. Jh. linkes Moselseite. Die Mosel gabelt sich in der Stadt Zu Verlaines Zeit lebten etwa 40 000 Menschen in Metz.

Verlaine-Büste am Moselufer (https://www.literaturland-saar.de/ueber-die-grenze/frankreich/metz-literarisch/)

Rabelais ante portas

Neben dem in Metz geborenen Verlaine lebte bereits ein anderer Dichter einige Monate, sich als Arzt verdingend, in der damals noch nicht zu Frankreich gehörigen Stadt. In Höhe des Einkaufszentrums St. Jacques, auf der Kreuzung von rue d’Enfer (Höllenstraße) und rue de la Jurue (Schwurgericht), steht bzw. stand das Gebäude, in dem nach örtlicher Überlieferung François Rabelais gewohnt hat. Der französische Dichter (1494 oder 1483 oder 1490 bis 1553) ist Verfasser des berühmten fünfbändigen Romanzyklus um die Riesen Gargantua und Pantagruel, einer witzigen Zeitsatire im Geiste der Renaissance. Egon Friedell schreibt in seiner „Kulturgeschichte der Neuzeit“ über Rabelais: „Nie ist in jener extrem spottlustigen, kirchenfeindlichen und antischolastischen Zeit Kirche und Scholastik auch nur annähernd so großzügig verspottet worden wie von ihm.“

Nach Erscheinen des Dritten Buches – es ist nach Ansicht der Theologen „vollgestopft mit verschiedensten Häresien“ – muss er das Königreich Frankreich verlassen und findet Asyl in der freien Reichsstadt Metz. Während seines Aufenthaltes von April 1546 bis Ende Juni 1547 arbeitet er als Stadtarzt. Aber Metz beeinflusst auch sein Schreiben: Dem Gourmet Rabelais soll die regionale Küche Inspiration zum Vierten Buch des „Pantagruel“ gegeben haben, in dem er die Figur des Graoully benutzt und Ausdrücke des lokalen Dialekts verwendet. Der Drache Graoully hat der Legende nach in den Ruinen des römischen Amphitheaters von Metz gehaust.

Joseph Roth hat das Haus auf seiner Reise ins Saargebiet 1927 noch gesehen, ein Abbé hat es ihm gezeigt. Es gab da eine finstere morsche Treppe mit hohen Stufen. „Ich möchte wissen“, sagte der Abbé zu Roth, „wie oft der Rabelais herunterfiel, wenn er betrunken nach Hause kam.“

Foto Bernd Oei: Metz, Place de la Comédie. Ältestes Opernhaus Frankreichs, Mitte des 18. Jh. fertiggestellt. (https://www.tourisme-metz.com/de/einzelheiten/838163573-place-de-la-comedie)

Lafayette in Metz

Der wohl bekannteste Offizier Frankreichs stammt aus der Auvergne und heißt mit vollem Namen Marie-Joseph-Paul-Yves-Roch-Gilbert du Motier, Marquis de La Fayette. 1789 soll er 32 jährig Marie Antoinette vor einer Lnychjustiz bewahrt haben, als er dem Mob auf seinem Zug nach Versailles Einhalt gebot. Bis und erst recht nach seinem Tod 1834 galt er als ein Nationalheld.

Zum Zeitpunkt seiner Ankunft in Metz war er bereits mit der Tochter dem einflussreichen Herzogs de Noailles verheiratet; seinerzeit wie üblich eine arrangiere Ehe von Kindern nach den Prinzip der Ebenbürtigkeit und damit eine mariage de raison. Er war zudem dem renomierten Dragoner de Noailles (Schwarze Musketiere) bei, das im Zuge der Französischen Revolution wie alle monarchischen Institutonen aufgelöst wurde. Obschon er zur Leibgarde des Königs gehörte, blieb er in den Wirren der Revolution verschont. Politisch vertrat er die Feuillants, die gemäßigten, an einer konstituionellen Monarchie interessierte, Partei nach englischem Vorbild. Zahlreiche Impulse wie die Religionsfreiheit gingen von ihm aus.

Erst Robespierre klagte ihn des Hochverrats an und löste seine Flucht nach Flandern aus, die in den Gefängnissen von Wesel am Rhein und Magdeburg endete.

1775 vor seiner Ausschiffung nach Anmerika, wo er zu einem der Helden im Freiheitskampf avancierte, besuchte der damals Siebzehnjährige die Stadt, hörte vom Unabhängigkeitsstreben und brach im August nach Amerika auf. Überliefert und eingraviert in den Sockel sind seine Worte vom 8.8.1775:

DU PREMIER MOMENT OU J’AI ENTENDU LE NOM DE L’AMERIQUE JE L’AI AIMEE, DES L’INSTANT QUE J’AI SU QU’ELLE COMBATTAIT POUR SA LIBERTE, J’AI BRULE DU DESIR DE VERSER MON SANG POUR ELLE.

Auf der Rückseite steht: COMBATTRE POUR L’INDEPENDENCE DES ETATS UNIS D’AMERIQUE

Reiterstatue Gilbert du Motier, marquis de La Fayette von dem renommierten Bildhauer und Karikaturisten Claude Goutin aus Nancy, 1930-2018. Foto Photo archives RL /Gilles WIRTZ (https://www.republicain-lorrain.fr/culture-loisirs/2021/09/29/savez-vous-qui-a-cree-la-statue-equestre-de-la-fayette)

Die Reiterstatue (statue équestre) stammt aus dem Jahr 2004 und ersetzte eine frühere aus dem Jahr 1920, die von den Nationalsozialisten geschändet worden war. Sie befindet sich heute im Botanischen Garten, jardin Boufflers unweit des Moselufers.

Foto Bernd Oei, Metz, Jardin d´Amour. 1904 wurde im Jardin d’Amour an der westlichen Landspitze der Insel der Temple Neuf erbaut. Hier mündet die Seille (ein rechter Nebenfluss) nach 138 km in die Mosel. Zwischen Metz und Koblenz liegen exakt 300 Flusskilometer. Zu Fuß und mit dem Rad bietet Metz über 30 km Spazierweg an den Ufern seiner beiden Flüsse, der Seille und der Mosel. Daher auch die Bezeichnung ville verte, grüne Stadt. (https://metz.fr/decouvrir-partager/se_balader/promenade.php)

Toqueville en ville

Auch Alexandre de Tocqueville, 1805 geboren, zog als Fünfzehnjähriger zu seinem Vater nach Metz, wo er 1823 am dortigen Collège Royal seine Studien in Philosophie (Descartes) und Rhetorik abschloss. Nebenbei lernte der designierte Historiker, der die materiellen Gründe der Französischen Revolution (u.a. Mehlkrieg und Getreidespekulation) aufdeckte, in der Stadt der Mirabellen die Liebe kennen und zeugte ein uneheliches Kind. Danach reiste er nach Amerika, um dort die Geschichte der Demokratie und des Unabhängigkeitskrieges, einhergehend mit der Kritik der Sklaverei, niederzuschreiben. Mit Lafayette hatte er morderne liberale Ansichten und die Abneigung gegen Napoleon (in seinem Fall Napoleon III) gemein. Die Julirevolution von 1830 versetzte seiner Juristenkarriere eine jähe Wendung. Dabei sah Tocqueville die Gesellschaft des Mittelmaßes anbrechen. In „L´Ancien Régime et La Révoluton“ schreibt er: „Niemand ist weniger unabhängig als ein freier Bürger.“

Bernd Oei: Metz, Mosel hinter Jardin d´Amour, weseltlicher Ortsausgang, Richtung Epinal in rund 130 km Entfernung. Seit 2015 heißt die Region Großer Osten (Grand Est) und nicht mehr Lorraine. In Epinal, am Südwetrand der Vogesen, 69 km von ihrer Quelle entfernt, beendete ich meine Mosel-Radtour 2018, die in Koblenz ihrenb Anfang genommen hatte.

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