Gedanken Maske – Freiheit oder Corona

maske

Foto Belinda Helmert, Maske an einer Graffiti-Mauer, Bremen Innenstadt

Schweigen heißt zustimmen

Zugegeben ein wenig provokant. Lange habe ich mich geziert. Sowohl vor dem Bloggen als auch um einen Betrag zu Corona. Zum einen, weil es nicht so ganz leicht und sogar gefährlich ist, Philosophie auf aktuelle Ereignisse herunterzubrechen, zum anderen aber auch, weil sich jeder über dieses Thema äußert und das meiste kaum des Lesens oder Hörens wert ist. Aber wenn es stimmt, dass Philosophen nicht in Elfenbeintürmen leben und nicht nur etwas zu sagen haben, sondern vielleicht sogar etwas aussagen können, dann muss ich mich dieser Herausforderung heute stellen. Wer schweigt, sagt billigend Ja zum Unrecht und was heute noch ungerecht erscheint, kann morgen schon ungeheuer sein. Wer untätig ist und die Entscheidung anderen überlässt, vertagt die Verantwortung und damit zugleich die Freiheit. Ein Begriff, der heute entweder inflationär und damit bagatellisiert gebraucht wird oder pervertiert wird.

Foto Belinda Helmert, grenouille (Wasserspeier einer Hausfassade), Musem Blois

Verdummungsgefahr

Punkt eins: Ich respektiere die Meinung anderer, doch in der reflektierten Wahrnehmung herrscht metaphysische Obdachlosigkeit a priori. Die Paradoxie scheint durch die Annahme einer volksgefährdenden Pandemie vorbestimmt, der Virus den Geist zu spalten und die Vernunft außer Kraft zu setzen. Fachleute wie Virologen widersprechen sich fortlaufend oder schüren Panik. Philosophen divergieren, argumentieren jedoch stringenter und ohne Polemik. Die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen sind daher umstritten, instringent bis inkonsequent, zudem lokal uneinheitlich. Statt zu deeskalieren tragen sie zu einem Klima allgemeiner Hysterie, Arbeitseinschränkung, Testausweisung bis zur angedrohten Impfverpflichtung und, ich muss es leider ungeschminkt sagen, Verdummungspotenzierung, bei. Mehr Info in der Produktion bedeutet weder mehr Transparenz noch Qualität bei der Rezeption und eine quantitativ größerere Reichweite ermöglicht noch lange nicht das Vor- Ein- und Durchdringen in jene Sphären , die Neurowissenschaftler im Hypothalamus lokalisieren, der das vegetative Nervensystem steuert mit seinen Drüsen , die wiederum für die Ausschüttung von Hormonen verantwortlich sind.

Foto: René Magritte, Die Liebenden, 1927/28 (https://www.daskreativeuniversum.de/die-liebenden-von-rene-magritte/)

Prinzip Verantwortung

Punkt zwei: Vor nicht allzu langer Zeit hat man die Seele noch in der Zirbeldrüse vermutet und ihr Gewicht auf 21 Gramm taxiert. Vor dem Tod soll, so die Untersuchung von Ärzten, die Seele schwerer gewogen haben als danach. Vielleicht forscht man heute bereits, ob sie durch Coronabefall leichter wird. Nein, ich bin kein Zyniker. Hans Jonas schreibt in „Das Prinzip Verantwortung“: Wer den Tod abschaffen will, der muss auch das Leben abschaffen – metaphorisch im Keim ersticken.

gelenkte Demokratie

Argumente sollen abgewogen, auf den Prüfstand erhoben und stets neu gewichtet werden. Datunter darf die Menschlichkeit und der Umgang mit anders denkenden Menschen nicht leiden. Alles wird untersucht, auch Freiheit, die örtlich unbehaust, heimatlos will es scheinen, nirgendwo aufzufinden ist. Sie und die Seele in den Köpfen gleich den Ideen zu wiegen erscheint nicht abwegiger, als Freiheit durch einen Virus einzudämmen, zu beschneiden, zu kastrieren und zu entdemokratisieren. Platon, der die Seele mit der Idee verbindet, hielt nichts von Demokratie. Sie ist leicht manipulierbar und reagiert in Krisen unkritisch bis chaotisch. Ich glaube, er hat recht. Außerdem befinden wir uns in einer medial gelenkten Demokratie.

Karl Popper, ein durchaus sachlicher Analytiker des Wiener Positivismus, bezeichnet Platon aufgrund seiner pyramidalen Hierarchie in der Politik (Aristokratie als Herrschaft der Besten) als Begründer des Totalitarismus. Dass Platon nicht das System, sondern den Menschen mangelnde Reife für die Demokratie unterstellte, verschweigt er . Außerdem konnte er von der Inkompetenz heutiger Politiker nichts wissen. Die Geistesaristokratie jedenfalls ist es nicht, die uns regiert. Aber in den Medien herrschte Entertainment-Kultlur frei nach dem Motto only bad news sind good news. Corona ist die cash cow, der Quotenbringer.

Hinterfragung der Objektivität

Punkt drei: Wir wissen selbst in den Naturwissenschaften, die exakter sind als die unserer Branche des Geistes (Kant: „Denker von Gewerbe“), nicht genau, was passiert oder weshalb, in welcher Richtung sich etwas entwickelt und schon gar nicht, wozu es gut ist. Stoffliche Prozesse wie Viren lassen sich meist besser greifen und begreifen als Intelligibles wie die Vernunft. Doch ist das RKI Institu vernünftig oder wenigstens neutral? Verfolgt nicht die WH0 eigene Interessen und dient die Politik nicht pragmatisch dem Lobbyismus? Wo bleibt der kritische investigative Journalismus?

Die aristotelischen Maßnahmen derf Selbstregulation durch gegenseitige Kontrolle greifen nicht, die intellektuale Anschauung versagt, wenn Einbildungskraft auf Fantasie und Horrorszenarien reduziert wird. Die Restriktion hat Erfolg, denn medizinische Versorgung greift in technokratischen Nationen besser als in Schwellenländern, wo alles, vor allem die Hygiene, naturgemäß langsamer vorankommt, infolge des Trägheitsgesetzes. Andererseits haben sich Naturvölker auch resistenter über ein intaktes Immunsystem entwickelt als unsere zunehmend dekadente Industrienationen, die dem Pharma-Märchen in Hörigkeit verfallen sind. Doch der Traum vom unendlichen Wachstum und progressiver Prosperität ist ausgeträumt. Die Natur, aber auch die entrechteten Menschen wehren sich.

Foto Turmbau von Babel, Pieter Brueghel, 1561,
(https://www.khm.at/objektdb/detail/323/)

System der Abhängigkeiten

Unsere Evolution gleicht ererbter Entropie, die selbst der dialektisch historische Materialismus weder abzuschaffen noch zu leugnen vermag. Nicht nur Energie wird, wie mathematisch bewiesen ist, erhalten und lediglich transformiert, auch Abhängigkeiten, Interpedenzen und, wenn man so möchte, schlechtes Karma. Der Wahnsinn schreitetim Dominosytem regressiv fort: diese Menschen in früheren Entwicklungsländern werden durch Corona-Maßnahmen weiter demaskiert und in noch größere Abhängigkeit von westlicher Medizin gebracht. Man müsste nach der militärischen und wirtschaftlichen von der kulturellen bis hin zur hygienischen Kolonialisierung sprechen, doch ist diese Terminologie Entwicklungshilfe heute mit political correctness unvereinbar: Entwicklung schreitet nur voran-, aber nicht fort. Aufgrund der Hebelwirkung potenzieren sich in den benachteiligten Ländern bekannte Probleme wie Armut, Unterversorgung und Mortalitätsrate. Die Bevölkerung verjüngt und vermehrt sich dynamischer als ohnehin. All diese Probleme gab es vor Corona, doch jetzt fallen sie unter den Tisch. Ob es sich dabei um eine Stratgei gewollter Ablenkung handelt?

Foto Hieronimus Bosch, Das Narrenschiff, 1510 (https://www.deutschlandfunk.de/das-narrenschiff-von-hieronymus-bosch-all-unser-fahren-ist-100.html)

Maskenterror

Punkt vier: Wenn selbst eine niederländische Gesundheitsministerin sagt, so lange unbewiesen ist, dass Masken überhaupt vor dem Virus schützen (deren Verbreitung eindämmen), werden sie kein Gesetz oder obligatorische Verordnung, sollte man zumindest in demokratisch gewählten Regierungen darüber nachdenken, ob nicht neben der Unschuldsvermutung auch die bereits dokumentierten und dem gesunden Menschenverstand bekannten Risiken gegen den Maskenterror und nicht nur für die der Gedankenlosigkeit angeklagten Menschen in einem Rechtssystem gelten sollten.

Schließlich steht der Rechtsstaat auf dem Spiel, aus dem längst Ernst geworden ist, nicht unbedingt tödlich, aber todesbeschwörend und fürchtend, fast wie im Mittelalter. Denunziation scheint eine neue Sportdisziplin. Mobbing eine verfeinerte, staatlich subventionierte soft skill. Nur König Artus lässt auf der Suche nach dem heiligen Gral in Berlin noch die Gäste seiner Tafelrunde warten, und ob seine Ritter im Palaver- Parlament die ehrenwertesten sind, bleibt ungewiss. Was hat die Maske mit dem individuellen Freiheitsentzug und dieser mit dem Rechtsstaat zu tun und wozu der Verweis auf Schwellenländer, das Gewicht der Seele oder den heiligen Gral?

Gleichgeschaltete Absurdität

Zunächst will diese scheinbar wahllose, für Chaos sorgende, Verkettung einzelner Phänomene und Gedankensplitter gleich einer Abbreviatur deutlich machen, wie willkürlich Argumente wie Schlagworte in einem komplexen Themenfeld behandelt werden. Seriöse pro und contra Debatten finden längst nicht mehr statt in zunehmend gleichgeschalteteten Medien. Angedeutet wird damit das Ende eines Meinungspluralismus, dessen Surrogat der Meinungspleonasmus ist, denn zumindest die öffentlichen Medien haben sich auf Stillhaltetaktik gegenüber den Alarmparolen geeinigt. Deutschland hat Tradition darin zu gehorchen, das Wort Weltschmerz ist sogar patentiert als unübersetzbar.

Albert Camus spricht von der Logik des Absurden (Hinwendung zur Katastrophe), die nichts mit einer absurden Logik (Paradoxie) gemein hat und doch stets mit ihr verwechselt wird. Schließlich sollen wir uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen, obgleich dieser scheinbar nichts tut, weil er nichts zur Veränderung seiner Lage tun kann. Doch wer so denkt, hat weder den Mythos noch Camus verstanden.  In diesem Fall besteht die Logik des Absurden in der Kettenreaktion, die das Leid, das man aus der Welt tilgen möchte, nur verschlimmert und zugleich das schwächt, was Erleichterung verschafft. Man will einerseits die Einheit und dies durch Abschaffung der Diversität erreichen, andererseits proklamiert man Diversität von Minderheiten, um zu spalten.

Foto Edvard Munk, Der Schrei, 1897 (https://artinwords.de/edvard-munch-werke-der-schrei-biografie/)

Logik des Absurden

Absurd erscheint im Zeitalter der Beschleunigung und der Hyperaktivität die politische Schlafmützigkeit. Derzeit erschwert die kurzfristig angelegte Politik der Passivität und des zunehmenden Bürokratismus nur den persönlichen Weg, langfristig mit dem Absurden leben zu können und sich lebenslang zu entwickeln. Sie verwechselt Hingabe an das Leben mit Auf- und Preisgabe an den Tod. Camus´ Logik des Absurden besteht in der Annahme der Hoffnungslosigkeit bei gleichzeitigem Glück und Empörung oder Revolte für die Freiheit gegen das vermeintlich unvermeidbare Schicksal, das nur Not und keine Wende kennt. Eine Hoffnung aber bleibt, die Kafka „das Zögern vor der Geburt“ genannt hat.  Eine Entschlossenheit, von der der Malraux sagt: Man kann nicht mit der Macht flirten, man muss sie heiraten. Doch wer zögert mit seinem Urteil, wer heiratet die Demokratie (die nur eine direkte Wahl sein kann), wenn sie nicht mehr repräsentiert, sondern nur noch regiert? Und vor allem, wer empört sich noch in unserem Land über das aktuelle Gebaren?

absurde Logik

Dem gegenüber existiert eine absurde Logik. Sie besteht im urteilenden Menschen seit dem Sündenfall, der Eva als eine Rippe von Adam bezeichnet, folglich als einen Teil von ihm als dem Ganzen und dennoch die Verführung mit ihr beginnen lässt als ein abgespaltenes Wesen. So wie Eva sich von Adam abgespalten hat, was den Geschlechterkampf und die Suche nach der (Selbst) Vervollkommnung nach sich zieht, hat sich der moderne homo sapiens von seinem göttlichen Ursprung getrennt, zumindest entfremdet und so sucht der entfesselte Prometheus nun den Stein des Weisen, der ihn heilt, ganz macht und unversehrt lässt immer im Außen, nie in sich selbst.

Selbstheilungskräfte müssen nicht herbeigebetet werden, ein Rezept für sie existiert nicht, Nebenwirkungen bleiben. Der Mensch fühlt sich immer schuldig und braucht dazu eine Religion, um zu sühnen oder Schuld zu erklären (meist auch zu verlagern), denn aus der Welt zu schaffen ist sie nicht, wie alles Absurde seinen Sinn im Dasein behält. Er braucht einen Sündenbock, das sind derzeit die Maskenverweigerer und Impfskeptiker.

Eine solche trügerische Hoffnung, die das Handeln vom Diesseits auf die mögliche Erlösung ins Jenseits vertröstet, ist wenig ratsam, selbst wenn das Jenseits in einem Impfstoff nun doch diesseitig gesucht wird, vertagt der Hoffende seine gegenwärtige Existenz , weil er, wenn nicht götter-, so doch götzenhörig der Wissenschaft gegenüber geblieben ist. Klaglos nimmt er im Inneren hin, was zu beklagen wäre. Stattdessen führt er im Außen Kriege und Prozesse, Klagen über Klagen gegen den Nachbarn.

Foto Das Begräbnis der Sardine, Francisco de Goya, 1817 (https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Begr%C3%A4bnis_der_Sardine)

Kategorischer Imperativ

Auf demn Spiel steht die Verlust der Freiheit oder zumindest dem, was davon zu halten ist. Meine Überschrift beginnt mit einem Imperativ, einem Appell. Kategorisch im Sinne Kants: Handle (ich erweitere hier: Denke) dass du wollen kannst, dass dein Handeln (Denken) jederzeit allgemeines Gesetz werden könne. Die Hypothese lautet: Maskenpflicht rettet weder die Welt noch meine Gesundheit, sie wiegt mich und andere in trügerische Sicherheit und wird zu einem Symbol der Anpassungs- und Gleichschaltungsgesellschaft (der Begriff ist durch die NS Sprache verunglimpft, er meint Entindividualisieren). Sie verhindert Quer- und Weiterdenken über den Maskenrand hinaus, sie schafft eine Horizontverengung und falsche Fragestellung, die das Denken des Denkwürdigen untergräbt.

Daher, im Anlehnung an Bertha von Suttner, die damals scheinbar Unmögliches und Naturwidersprüchliches forderte: die Masken nieder. Augen auf, Gehirn einschalten, klar denken, klar sehen, klar erkennen, was geschieht und im Sinne Kant Urteilskraft angemessen agieren und klar handeln, nicht nur reagieren. Angemessenheit und Würde sind mit interesselosem Wohlgefallen an der Glückseligkeit verbunden. Das heißt im Klartext: die Sache muss von sich selbst gedacht und als schlüssig befunden werden. Eine Maske schützt nicht nachweislich und wenn sie es täte, müsste sie in allen Lebenslagen getragen werden, nicht nur situativ oder kontingental. Wer will unter solchen Umständen noch Freiheit atmen?

Foto , Das Floß der Medusa, Thédore Géricault, 1819 (https://www.geo.de/magazine/geo-epoche-edition/1545-rtkl-ein-werk-und-seine-geschichte-theodore-gericault-das-floss-der)

Vom Wert der Freiheit

Der Hypothese, Masken nützen nicht(s) und ihrem Appell, legt sie nieder wie man Waffen niederlegen muss, um Kriege zu verhindern (sie dienen nicht dazu, um ihnen vorzubeugen oder sich vor Krieg zu schützen), folgt die Kernthese: das Umgehen mit Masken, worin sich die hysterische und zugleich  defensive Reaktion mit einem unbekannten Risiko stützt, führt zur bereitwilligen Eindämmung und Beseitigung des vielleicht größten Gutes der Menschheit überhaupt: der Freiheit. Bevor der Gedanken pro und contra weitergeführt wird, gilt es darzulegen, was Freiheit substanziell ist.

Grundlegend verwechseln viele Freiheit mit Willkür und auch mit Befreiung von etwas, sei es Schulden moralischer oder pekuniärer Art, dem Losgelöstsein von Verantwortung oder verhassten Konventionen, daher verstehen sie nicht, dass dies nur die negative Seite der Freiheit inkludiert. Positiv vermeint Freiheit sowohl Gemeinschaftssinn und Solidarität, womit die Transzendenz von Ich zum Du oder Wir einhergeht, die letztlich volks- und staatenbildende Voraussetzung bildet, als auch mentale Grenzüberschreitung für sich selbst.

Ein freier Mensch darf sein wie er ist und noch mehr, er darf sich entwickeln, wie er es braucht und kann, in seinem Tempo. Freie Meinungsäußerung wird häufig missbraucht, weil sie, philosophisch betrachtet, auf Unfreiheit, sprich Unmündigkeit und mangelnder Authentizität beruht. Ohne die viel zitierte Manwelt zu entvölkern und zu sehr in milieubedingten Sümpfen klares Wasser zu suchen, soll hinter die Maskerade geblickt werden, über die Fassade hinweg, die wir unser bürgerliches Recht nennen, das sich häufig in der Sympathie- oder Antipathie Bekundung erschöpft.

Das Gütesiegel frei sieht sich wie einst der Label Bio zweckentfremdet. Freie Menschen oder frei Meinungen, freie Wahl, alles wird inflationiert und damit entwertet. Was Substanz ist, verkommt zur Akzidenz, was Priorität genießen sollte, stumpfe Rhetorik und Appendix. Reziprok ist die Freiheit nur dann absolut, wenn sie für alle gilt; gleich einem Virus kennt sie weder Grenzen mit Pass- und Gesundheitskontrollen, noch lebt sie von allein, sondern bedarf eines Mediums, eines Trägers, nicht virtuell, sondern leiblich, organisch, lebendig. Das Leben gleicht einer Schaukel, keiner Einbahnstraße.

Foto Jean Fragonard, Die Schaukel, 1768 (https://www.the-artinspector.de/post/fragonard-die-schaukel)

Gesundheit ist …

Friedrich Nietzsche wurde mehrfach, u.a. im Faschismus pervertiert: jedes System, auch das des Individuums mit seinem Pathos der Freiheit ist durch Ideologisierung bis ins Krankhafte und Absurde verkehrbar. Sein Satz „Gott ist tot“ endet schließlich nicht mit dem Punkt, sondern wurde einfach abgeschnitten. So einen Maulkorb verpassen die Politiker, aber auch engagierte Corona-Bekämpfer heute kritischen Stimmen. Sie sind dann Coronaleugner oder Weltverschwörer. Wir müssen wieder lernen, auf den Kontext zu achten und aus Angst vor Erkrankung nicht das Gesundsein infragestellen. In Nietzsches Fall genügt der Folgesatz: „Ich fürchte, wir werden ihn nicht los, so lange wir noch an die Grammatik glauben„.

Der Satz könnte transformiert lauten: Corona existiert nicht. Ich fürchte, wir werden Corona haben, so lange wir leben. Manch ein Demonstrant fordert die Abschaffung von Corona. Das ist ebenso lächerlich wie Gottes Tod zu verkünden. Gemeint war und ist eine, über die wörtliche Aussage hinausgehende Metaussage, die weder verifiziert noch falsifiziert werden kann. Es ist die Bitte um die Rückkehr zu einer gesunden und der Krisis angemessenen Normalität, verbunden mit dem dringlichen Appell dem gesunden Menschenverstand zu folgen. Gesundheit ist mehr als nicht an Corona zu erkranken.

Foto Caspar D. Friedrich, Zwei Männer in Betrachtung des Mondes, 1819 (https://cle.ens-lyon.fr/allemand/arts/peinture-et-sculpture/zwei-manner-in-betrachtung-des-mondes-1819-caspar-david-friedrich)

Prothesen-Mentalität

Freiheit betrifft nicht nur die Unversehrtheit des eigenen Körpers oder den Schutz der Gegenwart, sondern, das ist entscheidend, die der gesamten Welt und für alle Zeiten. Sie ist unteilbar und auch nicht temporär oder räumlich zu parzellieren. Die Maske hingegen, Symbol für eine verfehlte Kommunikations- und Erstickungspolitik, eine Prothese und nicht einmal Mittel zum Zweck, hat nur einen Grund: sie lässt unser Gesicht, unsere Haltung, unseren Mut verschwinden, angemessen und interesselos mit den Risiken zu beschäftigen und regulierende Maßnahmen als Ge- und nicht als Verbote zu erlassen.

Die Fakten über Corona, vor allem die Gefahr und wirksame Gegenmaßnahmen, sind empirisch strittig, denn die kumulierend Infizierten werden nicht auf andere Ursachen wie ein defektes Immunsystem überprüft, so dass die Ansteckung mit dem Erreger viele Interaktionen herbeigeführt haben kann. Langfristig haben sich Viren sogar als evolutionsfördernd erwiesen.

Was faktisch evident ist, wird entweder übersehen, billigend in Kauf genommen oder soll weniger Wert haben als der Schutz vor Straßenunfällen oder die Reduzierung der Suizidrate, denn damit scheint man sich abgefunden zu haben. Die Rede von Werten der persönlichen wie kollektiven Freiheit schließt die Lähmung von Kultur und den Erstickungstod zahlreicher wirtschaftlicher Impulse ein; das Land liegt brach in einem selbst verordneten Zustand der Apathie, von denen die Massenysterie um das Massensterben ablenken soll.

Foto: Gustav Klimt, Der Kuss, 1908 (https://blog.artsper.com/de/ein-naeherer-einblick-de/kunst-analyse-der-kuss/)

Seelenlosigkeit des Deutschen

Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“ (Patmos). Hölderlin spricht durch Hyperion von den Deutschen als seelenlose Automaten. „Doch uns ist gegeben, auf keiner Stelle zu ruhn“ (Hyperions Schicksalslied) So rechtfertigt sein alter Ego die Krisis als Chance zu einer progressiven Entwicklung der Seele. Die Deutschen findet er indes gedankenvoll und tatenarm wieder, vor allem aber findet er Priester, Ärzte und Bäcker, aber keine Menschen mehr vor (So kam ich unter die Deutschen).

Einem im Sinn der Aufklärung gebildeten Menschen, der weder an Verschwörung noch Lenkbarkeit oder gewollte Unterwanderung glaubt, muss die aktuell unseriöse Art des nervösen Handelns befremden. Der gegenwärtige Umgang, der permanent Katastrophen- und Ausnahmezustand suggeriert, auf das unabsehbare Ende der Normalität insistiert und Skepsis an der politischen Handlungskompetenz eskamotiert, legitimiert sich über den Hinweis auf die universale Bedrohung durch eine völkergefährdende angebliche Pandemie.

Zombieland

Der Vergleich zu historischen Seuchen wie der Cholera, Pest oder Spanische Grippe hinkt (rein quantitativ), aber da es sich für einen seriösen Philosophen verbietet, die Welt in Zahlen aufgehen zu lassen und ein Unrecht durch ein anderes zu rechtfertigen, sei nur der Verweis gestattet, dass diese Krankheiten, die man früher im Tal der Ahnungslosen die Geisel Gottes nannte, mit Ideen begegnete und möglicherweise auch mit Idealen und Utopien, nicht aber einer Dystopie vom virenbeherrschten Zombieland. Man möchte hoffen, dass die Deutschen endlich wach werden aus diesem Albtraum und nicht zu Untoten oder Scheinlebendigen vegetieren. Bald ist der Punkt erreicht, in dem wir nur noch dem Leben zusehen, statt es zu leben.

Foto Belinda Helmert, Sarlat, Le badaud (Der Gaffer), 2002 von Gérard Auliac
(http://www.pnlphotographies.com/dordogne-sarlat-la-caneda-le-badaud/)

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